Rollei 35S – Fototour mit Ilford XP2

Rollei B35 - Ilford XP2

Der Kauf meiner kleinen Rollei 35S liegt nun schon ein paar Jahre zurück und nun gibt es den ersten Artikel zu dieser schönen kleinen Kamera. Aufmerksam wurde ich auf diese Kamera schon als kleiner Junge weil mein Onkel damals damit unterwegs war und viel Spaß damit hatte. Besonders witzig fand ich es damals, dass man das Objektiv in der Kamera versenken kann und dass es neben einem Belichtungsmesser keinerlei Hilfen für die Aufnahme seiner Fotos gibt. Nicht einmal einen Schnittbild-Entfernungsmesser hat dieses kleine in Singapur gefertigte Unikum zu bieten. Und um die Batterie für den Belichtungsmesser auszutauschen zu können, darf kein Film eingelegt sein, denn das Batteriefach ist innen in der Kamera. Auch ist der Spannhebel auf der falschen Seite. Ok, eigentlich gibt es keine „falsche Seite“ – aber man ist es eben anders gewohnt. Auch werden die Filme im Vergleich zu „normalen“ Kameras anders herum eingelegt. Und wie bei der Nikon F muss die komplette Rückwand entfernt werden wenn man an den Film will.

Mit dieser Kamera zu fotografieren ist ein kleines Abenteuer. Aber wie diese Bilder zeigen, lohnt es sich durchaus sich mal mit dieser Kamera an einem Samstag durch Bonn zu laufen. Der Auslöser ist extrem leise und die Kamera so klein, dass man damit wunderbar unbemerkt fotografieren kann.

(Alle Fotos wieder 1000 Pixel breit oder hoch – einfach anklicken)

Rollei B35 - Ilford XP2

In die Kamera habe ich nach längerer Zeit mal wieder einen einen Ilford XP2 eingelegt. Das ist ein Schwarz-Weissfilm der im C41-Prozess preiswert in einem Großlabor entwickelt werden kann. Selbst kann man ihn eher nicht entwickeln und er eignet sich damit sehr gut für „faule Analogfans“. Mit ISO-400 ist es recht lichtempfindlich und zugleich wunderbar feinkörnig. Der Tonwertumfang ist sehr hoch und die Grauabstufungen ganz wunderbar. Wer will kann eine Push-Entwicklung machen lassen. Dazu muss er den Film nur mit ISO-800 oder gar ISO-1600 belichten und dies auf der Entwicklungstüte vermerken. Den Rest erledigt dann ein gutes Fachlabor!

Rollei B35 - Ilford XP2

Wenn man sich diese beiden Fotos anschaut bekommt man richtig „Bock auf Grau“. Mir jedenfalls geht das so 🙂

Rollei B35 - Ilford XP2

Vor einem Geschäft gab es eine Holzkiste mit verschiedenfarbigen Wollknäulen. Schaut man sich dieses Foto genauer an so fällt auf wie scharf das Sonnar 2.8/40mm seine Motive auf den Film zu bannen vermag.

Rollei B35 - Ilford XP2

Beim nächsten Foto sieht man sehr schön, dass das leichte Weitwinkel fast verzerrungsfrei arbeitet. Alle Häuserfassaden stehen wunderbar gerade und der XP2 vermag selbst die krassen Helligkeitsunterschiede zwischen der schwarzen Kleidung der Passanten und den hellen Winterwolken komplett einzufangen. Wie schrieb einst Ken Rockwell zum Thema „Analoge Fotografie“ – HDR is included – Recht hat er!

Rollei B35 - Ilford XP2

An den Markständen kann man immer mal schnell einen unbemerkten „Schuss“ landen.

Rollei B35 - Ilford XP2

Und wenn man doch einmal wie hier „erwischt wird“, dann grinsen die meisten Menschen angesichts dieses kleinen Fotogerätes ein wenig ungläubig.

Rollei B35 - Ilford XP2

Auch Gegenlichtsutiationen meistert das mehrfach vergütete Objektiv der Rollei ganz ausgezeichnet.

Rollei B35 - Ilford XP2

Hier ein „Schuss“ von der Treppe des Bonner Rathauses in Richtung Stadthaus. Obwohl weit weg kann man die Fenster in der Fassade des Stadthauses klar erkennen.

Rollei B35 - Ilford XP2

Und noch ein Bild mit „weitem“ Winkel über den Marktplatz. Man beachte wie schön gerade die Häuser stehen. Nichts ist krumm oder schief, das hätte ich von dieser kleinen Kamera nicht erwartet. Einmal mehr verstehe ich warum mein Onkel damals schon soviel Spaß an dieser Kamera hatte.

Rollei B35 - Ilford XP2

Rollei B35 - Ilford XP2

Hier ein Blick hinauf zur Uhr die sehr schön in die frisch renovierte Fassade des Bonner Rathauses integriert ist.

Rollei B35 - Ilford XP2

Auf der Treppe unterhalb der Uhr hat mich dann dieses kleine Mädchen gefragt ob ich sie nicht fotografieren will. Ihr kleiner Bruder wollte scheinbar nicht so recht, aber sie hat ihn einfach überrumpelt 🙂

Rollei B35 - Ilford XP2

Rollei B35 - Ilford XP2

Rollei B35 - Ilford XP2

Nun einige Fotos meiner Freundin Sandra. Jetzt wird es etwas schwieriger. Bei vollständig geöffneter Blende und abgeschätzter Entfernungseinstellung versuche ich mich mal mit einer leichten Unschärfe des Vorder- und Hintergrundes. Es ist nicht so ganz gelungen, aber sobald es wieder etwas wärmer wird können wir da ja mal üben 🙂

Rollei B35 - Ilford XP2

Auf dem nächsten Bild sitzt die Schärfe perfekt, hier war die Blende auch auf F8 geschlossen. In Verbindung mit dem sehr lichtempfindlichen Filmmaterial sind so Belichtungszeiten von 1/500s möglich, was sehr zur guten Qualität der Fotos beiträgt.

Rollei B35 - Ilford XP2

Hier noch ein Foto des Bonner Rathauses. Aufgrund der niedrigen Aufnahmeposition wurde es nach oben schmaler, einer normaler Effekt den es bei allen Kameras gibt die kein teures Shift-Objektiv oder ähnliches haben. Ich habe das Rathaus mit Photoshop etwas gerade gerückt und so die perspektivische Verzerrung etwas abgemildet. In einer Dunkelkammer hätte man am Vergrößerungsobjektiv eine sehr kleine Blende eingestellt und das Fotopapier etwas schräg darunter abgelegt. Vieles was man heute für Photoshop-Hexerei hält, konnte man schon vor 100 Jahren mit etwas Grips und Verstand erledigen 🙂

Rollei B35 - Ilford XP2

Und noch ein Foto mit offener Blende. Wieder liegt die Schärfeebene ganz leicht daneben. Ganz links im Bild der Reißverschluß, der ist scharf abgebildet aber Sandras Gesicht ist vielleicht 5cm zu nah an der Kamera. Für solche „Spielereien im Nahbereich“ ist diese Kamera also nur recht eingeschränkt geeignet. Vielleicht sollte ich beim nächsten Shooting mal einen Zollstock mitnehmen 🙂

Rollei B35 - Ilford XP2

Nun folgen einige Details den „Bonner Münster“. Beide Bilder sind voll in den hellen Himmel geschossen und dennoch sind alle Tonwerte herrlich fein abgestuft. Auch der Belichtungsmesser hat hier sehr gut funktioniert, respekt!

Rollei B35 - Ilford XP2

Rollei B35 - Ilford XP2

Direkt vor der Bonner Hauptpost steht dieser Kollege hier. Wer kennt ihn nicht, Ludiwg von Beethoven, der wahrscheinlich bekannteste Sohn dieser Stadt.

Rollei B35 - Ilford XP2

Und nun zwei Fotos die mir persönlich sehr gutgefallen. Ich nenne sie den „Spiegelschrank“. Eigentlich ist an diesem Schrank natürlich nichts verspiegelt, er steht hinter einer blitzsauber geputzten Schaufensterscheibe. und weil das Licht gerade günstig ist spiegelt sich die halbe Innenstadt in diesem Schaufenster. Das sieht so gut aus, das kann man sofort noch einmal im Hochformat wiederholen…

Rollei B35 - Ilford XP2

Rollei B35 - Ilford XP2

Und noch ein Versuch mit der „partiellen Schärfe“. Nun hat es endlich geklappt, das Gesicht dieser kleinen Bronzefigur ist scharf abgebildet, seine Hand und seine Schwester jedoch nicht. Es geht also doch!

Rollei B35 - Ilford XP2

Alle die vielen Fotos manchen richtig hungrig und so geht es ins Tuskolo hinter dem Bonner Münster. Ein ganz vorzügliches italienisches Restaurant. Auf dem Film sind noch ein paar Bilder, warum versuchen wir und nicht einmal an einer „Available-Light-Situation“? Gesagt getan, bei offener Blende uns 1/30s kann man mit dem Ilford XP2 fotografieren! Leider liegt nun aber die korrekte Schärfeebene nicht ganz korrekt auf Sandras Gesicht. Achtet man auf den Ring an ihrer linken Hand wird klar wo die Schärfeebene liegt, ich bin wieder etwa 5-10cm zu weit weg. Aber hier haben wir sogleich ein schönes Testfoto für das Bokeh (Hintergrundunschärfe) des Sonnar 2.8/40mm.

Rollei B35 - Ilford XP2

Fazit

Die kleine Rollei 35S ist ein tolles Fotogerät für den unbemerkte Aufnahmen und man kann damit sicherlich auch sehr ernsthafte fotografische Herausforderungen bewältigen. Sie funktioniert zu 100% vollmechanisch. Der Belichtungsmesser benötigt nur eine kleine Knopfzelle und über einen Zeiger an der Gehäuseoberseite kann man die korrekte Belichtung sehr gut abschätzen. Alles in allem macht das Fotografieren mit dieser Kamera großen Spaß und wird man „entdeckt“ so nimmt es einem niemand übel, dass man ein fast unbemerktes Foto geschossen hat. Es ist ein Effekt wie bei kleinen Babies. Die grinsen immer ganz artig und lachen jeden an und wer kann ihnen dann schon böse sein?

Der Ilford XP2 ist ein toller Schwarz-Weiß-Film. Er kann kostengünstig und schnell in jedem Labor gemeinsam mit anderen Farbfilmen entwickelt werden. Im Gegensatz zum sehr ähnlichen Kodak BW-400 ist er nicht wie normale Farbfilme rot kaschiert. Man kann ihn also sehr gut in der heimischen Dunkelkammer verwenden um mit viel Gestank und Patscherei das eine oder andere schöne Papierbild zu erstellen. Wem das alles zu kompliziert ist, der scannt den Film einfach ein. Ich habe diese Scans mit einem EPSON Perfection Photo V700 bei 3200 DPI gemacht. Die Scandateien haben etwa 12 Megapixel und ist die Vorlage scharf und detailreich, so ist es der Scan ebenfalls. Sehr gut gefallen mir das ausnehmend feine Korn und die tollen Grauabstufungen dieses sehr einfach zu verarbeitenden Filmmaterials!

Mein Tipp für eines der nächsten Wochenenden:

Einfach die tolle Nikon D800 man im Schrank lassen, ein paar Ilford XP2 kaufen und mit Papas oder Opas schönen alten Kameras mal wieder auf Fototour gehen. Es macht ne Menge Spaß ist sehr ursprünglich und schärft hoffentlich den Blick für das Wesentliche, denn ganz billig ist dieser Spass leider nicht…

0 Kommentare zu „Rollei 35S – Fototour mit Ilford XP2“

  1. Hi Ansgar

    Einfach genial was Du so alles ausprobierst und uns das auch noch vorstellst.
    Ich bin total fasziniert was für eine geniale Qualität aus diesem alten Gerät zu holen ist.

    Gestern betrachtete ich mir an einem Antiquitäten-Markt in Lugano eine alte Balgenkamera für 110 CHF. Da ich mich in diesem Segment nicht auskenne, getraute ich mich aber nicht das Teil zu erwerben. Aber jetzt habe ich so richtig Lust bekommen mal so was auszuprobieren. 🙂

    Hast Du die Scans im Nachhinein noch entrauscht oder anderweitig bearbeitet?

    Ich freue mich immer über Deine Berichte!

    Wünsche Dir und Sandra einen schönen Wochenstart.

    LG Heinz

    1. Hallo Heinz,

      entrauschen tue ich eigentlich nie! Was ich gelegentlich mal mache ist, nur die Kanten zu schärfen. Diesesr Film ist so herrlich feinkörnig, da ist das auch gar nicht notwendig. Bei der EPSON Scan Software schalte ich alles aus was es an „Bildverbesserungen“ gibt. Den meist wird da eher verschlimmbessert 🙂 Sobald der Scan als 16-BIT TIFF-Datei auf der Festplatte ist, öffne ich ihn mit Photoshop CS5.1 und entferne die trotz gründlicher Reinigung manchmal übrig gebliebenen Staubkrümelchen mit dem „Self-Healing-Brush“ oder dem Kopierstempel.

      Vor dem Scan versuche ich die Belichtung so gut wie möglich einzustellen. Sind trotzdem Bereiche zu hell oder viel zu dunkel, so ändere ich die Parameter und mache einen erneuten Scan. Manchmal braucht man mehrere Anläufe bis man das optimale Ergebnis hat.

      Bei den Scans dieser Serie habe ich aber alles einfach voreingestellt und den Scanner laufen lassen. Es sind ja auch nur „Beispielbilder“. Die Papierbilder werde ich zum großen Teil an Sandra verschenken. Dann hat sie etwas fürs Familienbalbum 😉

      Wenn doch mal Teile des Scans zu hell oder zu dunkel sind, verwende ich „Shadows & Highlights“ aus Photoshop. Manchmal hat man es auch, das der Himmel sehr hell ist und der Rest darunter etwas zu dunkel. Dann mache ich zwei Scans mit unterschiedlichen „Helligkeiten“. Oben der Himmel etwas dunkler, die Landschaft darunter etwas heller. Diese beiden Scans lege ich dann in Photoshop übereinander und erstelle für die obere Ebene eine Maske mit einem weichen Verlauf. Dann sieht es aus als hätte man einen Grauverlaufsfilter benutzt.

      Der Tonwertumfang der meisten Schwarz-Weiß-Filme ist höher als das was die meisten Scanner können. Daher kann man auch mehrere unterschiedliche helle Scans recht gut zu einem HDR oder DRI kombinieren.

      Insgesamt ist das alles sehr aufwändig und wenn man damit Geld verdienen müsste, so würde man all das nicht auf sich nehmen. Es ist eher was für kalte Tage mit fiesem Wetter an denen man eh nicht vor die Türe mag. Da kann man dann seinem Spieltrieb freuen Lauf lassen. Mir macht das immer wieder großen Spaß. Eben hatte ich noch ein Paket neues Photopapier in der Hand. Das habe ich geschenkt bekommen und ich freue mich schon auf die langen Nächte in der Dunkelkammer 🙂

      Viele Grüße an Euch beide! Wir sollten uns mal zum analogen Fotoplausch im Süden treffen :-]

      Bis bald mal wieder,
      Ansgar

  2. Die Kamera ist zwar schön und klein, aber der Nutzen der f2.8 Blende hält sich aufgrund fehlendem Schnittbildindikator in Grenzen. Je näher man am Motiv ist, umso schwieriger ist es mit einer solchen Kamera zu fotografieren. „Zone Focus“ ist alles andere als leicht. Kenne ich von der Lomo LCA und der Oly XA2.

  3. Super, da werden Erinnerungen wach, auch ich war in den 70er mit der kleinen Rollei unterwegs. Heute kann man es sich nicht mehr vorstellen, dass man mit dem Metermaß als Entfernungsmesser arbeitet …. habe ich auch benutzt 🙂

  4. Nun hast Du mich auch angesteckt!
    Ich habe dieses Wochenende eine Baldina, eine Agfa Box aus den 30er Jahren und eine Lubitel 166B ersteigert. 🙂
    OK, dass die Lubitel erst seit 1980 produziert wurde, habe ich erst nachher herausgefunden. Ich werde mit den Geräten ein kleines Zeitmuseum in meinem Fotostudio einrichten.
    Vielleicht kannst Du mir dann mal noch Tipps mit passendem Filmmaterial und der Entwicklung geben. Denn da habe ich Null Ahnung.
    Erst mal die Dinger beim Verkäufer abholen. 🙂

    1. Hallo Heinz, die ersten Filme kann man mit gutem Gewissen ins Labor geben. Danach wird es dann spannend. Die Chemie stinkt wie die Hölle und man kann einfach alles falsch machen. Aber wenn man alles richtig macht, dann gibt es schöne Bilder an denen man sich viel mehr freuen kann als an jedem schnellen Schuß aus der D800. Denn im gegensatz zum Digitalfoto war der Weg zum wirklich guten Analogfoto teuer, hart und steinig. Und das vergisst man so schnell nicht 🙂

      Ciao, Ansgar

  5. Pingback: Fotografie und Technik Blog | Von 36 Megapixel zu Analog: Baldina Balgenkamera

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