Mit der Volcán del Teide auf die Kanaren

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Es ist der Tag der Tage, heute geht es mit einer Autofähre fast 1.000 Kilometer weit über den Atlantik auf die Kanaren. Ich breche gleich nach dem Frühstück auf um nicht zu spät am Fähranlieger einzutreffen. Bei meiner ersten Erkundungstour am Vortag, hatte mir der Mitarbeiter der Fährgesellschaft Navierra Armas mit auf den Weg gegeben, keinesfalls zu spät zu kommen. Der Hintergrund ist, dass Motorräder an ganz bestimmten Plätzen auf der Fähre transportiert werden und dort einzeln gesichert werden müssen. Es wäre mehr als fatal, wenn bei schwerem Seegang ein Motorrad umkippen würde. Möglicherweise gäbe es einen Domino-Effekt und damit einen schweren Schaden. Um all das zu vermeiden, haben Motos, wie man Motorräder auf den Kanaren fast liebevoll nennt, immer Priorität. Wer selbst eine Überfahrt mit der eigenen Maschine auf die Kanaren oder auch nach Mallorca oder Ibiza plant, kann also mit gutem Gewissen an allen Autos vorbeifahren und sich ganz vorne an den Anfang der Schlage stellen, auch wenn schon einige Autos warten und man vielleicht von argwöhnischen Blicken verfolgt wird.

Als ich heute beim Hafen ankomme, ist die Schranke bereits geöffnet. Der Mitarbeiter, der mich am Vortag hereingelassen hat, erkennt mich sofort wieder und winkt mir spontan zu. Etwa 100 Meter später kontrollieren einige Polizisten meinen Personalausweis und mein Ticket, es ist alles bestens, ich darf weiterfahren.

Auf der Höhe des Büros der Fährgesellschaft Armas kontrolliert dann eine nette junge Frau in grüner Warnweste erneut das Ticket und den Personalausweis, sicher ist sicher! Ich fahre am Gebäude vorbei und werde vom nächsten Armas-Mitarbeiter in Empfang genommen. Er sagt etwas auf Spanisch, ich verstehe davon nur „Priority“ oder etwas ähnliches. Er zeigt nach vorne rechts, also fahre ich um die vielen bereits wartenden Autos herum um mein Motorrad, begleitet von unzähligen strafenden Blicken, ganz vorne abzustellen. Aber das ist noch nicht ok, der nächste Armas-Mitarbeiter winkt mich zu sich herüber. Letztlich parke ich als erster ganz vorne direkt vor dem Büro. Dort ist es schattig und bei 20°C angenehm kühl. Es gibt einen Getränkeautomaten und getrennte Toiletten für Frauen und Männer, was will man mehr?

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Mein Ticket wird erneut gecheckt und nachdem ich etwa eine Stunde gewartet habe, kommt langsam Bewegung in die wartende Menge. Ein aufgemotzter BMW M3 mit vier dicken Ralley-Scheinwerfern, seitlichen kleinen Schiebefenstern und riesigem Heckspoiler hat Probleme, beide Vorderreifen sind platt. Am Auto gleich daneben wird die Motorhaube geöffnet und eine Horde junger Männer versucht mit einem Kompressor die Reifen noch schnell aufzupumpen, damit das getunte Männerauto auf die Fähre kann und den anderen Fahrzeugen den Weg nicht versperrt.

Während die Reifen noch schnell gefüllt werden, rolle ich bereits zum nächsten Armas-Mitarbeiter. Er hält seine linke Hand doch, ich warte und er spricht etwas in sein Funkgerät. Nach ein paar Minuten sagt er mir, dass ich in Einfahrt #1 ganz links fahren soll.

Mein Motorrad ist voll bepackt und auf den großen geriffelten Stahlplatten ist es gar nicht so leicht die Fuhre so zu manövrieren, dass man nicht vor versammelter Mannschaft damit umkippt. Aber es klappt, ich schaffe es ohne Probleme zum – richtig geraten – nächsten Armas-Mitarbeiter. Sie sind alle sehr nett und zuvorkommend, aber sie sprechen alle nur Spanisch. So ist es nicht einfach zu deuten was ich denn machen soll. Zunächst bin ich der Meinung, das ich ganz nach hinten links fahren soll, bis ich einen gellenden Pfiff höre. Der Mitarbeiter fuchtelt wild mit den Armen, ich soll wohl woanders hin, nur wohin?

Da kommen noch zwei weitere Motorräder die steile Rampe heraufgefahren, auch sie wissen zunächst nicht genau wohin, aber sie verstehen Spanisch! Sie drehen eine 270° Kurve und beginnen damit ihre Motorräder unter der Auffahrt zum oberen Deck zu parken. Hier ist es echt eng und ein größeres Auto würde hier gar nicht hinpassen. Und hier gibt es mehrere Ösen die am Boden festgeschweißt sind. Schließlich stehen unsere drei Motorräder so, dass der Mitarbeiter zufrieden ist. Er winkt den nächsten Armas-Mitarbeiter heran. Dieser hat ein paar Gurte mit groben Haken dabei. Das Motorrad links neben meinem ist eine Suzuki V-Strom 1000 und sie hat seitliche Schutzbügel. Das ist sehr praktisch, denn dort kann man die großen Haken direkt herumschlingen und die Spanngurte an den Ösen am Boden befestigen und stramm ziehen. Während das geschieht, hole ich schnell einen speziellen Gurt hervor, den ich bereits vor einigen Wochen bei POLO in Mainz gekauft habe. Es ist ein X förmiger Gurt, der je eine Längs- und eine Querschlaufe hat. Die Längsschlaufen werden auf den linken und rechten Griff gestülpt und die Gurte X förmig über den Tank gelegt. An den nur herunterbaumelnden beiden Ösen kann man sehr einfach die groben Haken einhängen und das Motorrad so fest und sicher verzurren.

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Als alles fertig ist, hole ich noch einen dritten Spanngurt heraus, den ich ebenfalls vor ein paar Wochen in einem Baumarkt gekauft habe. Diesen Gurt schlinge ich um den Gepäckträger meiner BMW K1200r Sport und um eine weitere Öse am Boden der Fähre. Nun kann ich mein Motorrad auch am Heck noch schön stramm festzurren. Letztlich steht sie wirklich gut und ich habe den Eindruck, mir keine Sorgen für die Zeit der Überfahrt machen zu müssen.

Mein Gepäck habe ich so organisiert, dass alles was ich zu brauchen glaube in meinem BMW Motorrad-Rucksack ist. Diesen kann ich extrem schnell vom Motorrad montieren, indem ich die vier Schnellverschlüsse löse. Das ist unglaublich praktisch gemacht.

Meinen Helm befestige ich mit einem meiner bislang ungenutzten „Reserve-ROK-Straps“ am Gepäckträger. Mit Lederjacke und Rucksack geht es zum oberen Deck. Hier werde ich von drei jungen Animateuren in Empfang genommen. Gleich neben ihnen ist eine etwas längere Schlange vor einem Schalter der aussieht wie der Empfang in einem Hotel. Ich versuche auf Englisch zu fragen ob hier irgendwie einchecken muss, aber sie verstehen mich leider nicht. Schließlich winkt mich hinter dem Schalter ein Mitarbeiter heran. Er schaut auf mein Ticket und sagt etwas wie „No no, up up…“ Während er dies sagt winkt der mit den Händen und weist mir den Weg nach Oben. Scheinbar bin ich hier also nicht ganz richtig. Später verstehe ich dann, dass alle Gäste die eine Kabine gebucht haben sich hier einchecken müssen. Sie bekommen dann wie in einem Hotel ihre Zimmerkarte und können ihr Domizil beziehen.

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Ich selbst lande wenig später auf einem „Salon“ auf dem es etwa 30 Reihen mit jeweils zwei großen schweren Liegesesseln gibt. Ich beschließe ein Sitz in der letzten Reihe zu nehmen, denn dort sind Fenster und hier könnte ich wenn mir übel werden sollte herausschauen und den Horizont fixieren. Weil ich von der ungewöhnlichen Nacht noch ziemlich fertig bin, versuche ich etwas zu schlafen. Aber auch hier ist die Klimaanlage sehr kalt eingestellt, es läuft irgend welche grauenhafte Musik aus Lautsprechern die in die Deckenverkleidung eingebaut sind und alle paar Minuten kommt jemand vorbei, knipst alles mit seinem Handy und verschwindet wieder.

Letztlich stecke ich mir meine roten Stöpsel in die Ohren, die ich eigentlich nur beim Motorradfahren trage, aber in weiser Voraussicht eingesteckt habe. Nun kann ich etwas dösen, bis ich schließlich spüre wie sich das gewaltige Schiff, mit dem schönen Namen „Volcán del Teide“, in Bewegung setzt.

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Während der große Schiffsmotor monoton vor sich hin poltert vibriert auf diesem Schiff so ziemlich alles. Wupp – Wupp – Wupp – Wupp – so geht es ohne Unterlass. Wenn das 39 Stunden lang so weiter gehen soll, na prima…

Während das Schiff den Hafen verlässt, kaufe ich mir eine kleine Flasche Rotwein, einen Donut und eine Baguette mit Käse und Kochschinken. Die nette Verkäuferin hält das Baguette in der Hand, schaut mich an und fragt: „A la plancha“ Oh ja, kurz gegrillt wäre das prima. Sie nickt, verschwindet für ein paar Minuten und kommt mit einem knusprigen Baguette mit Käse und Schinken zurück das jetzt etwas platt gedrückt aussieht. Aber der Käse ist jetzt schön geschmolzen und es schmeckt gar nicht mal schlecht. Alles zusammen kostet 8,60 Euro. Es ist hier also nicht wirklich teuer. Irgendwo kann man auch für 30,- Euro ein Ticket kaufen das fünf komplette Mahlzeiten enthält. Nur weiß ich leider nicht wo man das bekommt. Aber eigentlich brauche ich in 39 Stunden auch keine fünf Mahlzeiten. Später werde ich sehen, dass es kaum möglich ist seine Mahlzeiten in halbwegs warmem Zustand zu verzehren, denn die Wartezeiten an den beiden Kassen sind enorm und die Schlangen lang. Bis man hier sein essen bezahlt oder den zugehörigen Bon vorgezeigt hat, ist mir Sicherheit alles kalt.

Nun wird mir auch klar warum es hier mehrere Mikrowellen-Geräten gibt! Als wir auf hoher See sind lassen die Vibrationen und das Gedröhne des riesigen Schiffsantriebs etwas nach und man kann fast überall entspannt sitzen. Allerdings gibt es doch Unterschiede. Je nachdem wo man sich auf dem Schiff aufhält ist es lauter oder eben auch etwas leiser. In meinem „Schlafzimmer“ ist es ganz ok und ich werde auf meinem dunkelroten Pullman-Seat noch viel Zeit verbringen.

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Das Fährschiff Volcano de Tenerife der Reederei Naviera Armas ist in ganz ordentlichem Zustand und noch relativ neu. Es gibt drei Decks, einen winzigen Pool, eine Caféteria und ein kleines Selbstbedienungsrestaurant. In mehreren Abschnitten gibt es die so genannten Pullman-Seats. Wer keine Kabine mehr ergattern konnte, der muss mit einem solchen Sitz vorlieb nehmen. Die Pullman-Seats erinnern an die Sitze die man früher bei der Lufthansa in der Business-Class vorfand. Es sind recht große schwere Ledersessel auf denen man relativ bequem seine Zeit absitzen kann.

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Meine erste Nacht auf der Volcano de Tenerife war trotzdem recht anstrengend. Zwar wurde am Abend das Licht etwas gedämpft, es gab keine lauten Durchsagen mehr und auch die „Dudel-Musik“ wurde am frühen Abend endlich abgestellt, aber überall auf dem Schiff ist es entsetzlich kalt. Wer es kennt ist vorbereitet und so sehe ich überall Gäste die sich unter warmen Decken versuchen in ein Sofa zu kuscheln. Leider haben alle Sofa usw. immer Mittellehnen, so dass man sich praktisch nirgendwo lang ausstrecken kann, selbst wenn keine anderen Gäste in der Nähe sind.

Während ich am Abend versuche auf meinem Pullman-Seat etwas Ruhe zu finden wird von Stunde zu Stunde kälter. Zum Sonnenuntergang war es auf der westlichen Seite der Fähre noch sehr angenehm, aber gegen Mitternacht ist es richtig kalt. Nun bin ich mehr als froh, dass ich eine lange Hose anhabe und dass ich in meinem Rucksack (BMW Function 4) das Biker-Shirt habe, dass mir Mirko und Silke vom Café Fahrtwind geschenkt haben. Letztlich stülpe ich nicht ein Halstuch über und ziehe sogar meine dicke Motorrad-Lederjacke an. Die Reißverschlüsse mache ich allesamt bis ganz nach oben zu und so kann ich es halbwegs aushalten.

Obwohl es eng und unbequem ist, schlafe ich tatsächlich irgendwann ein und werde am Morgen um 7h von meinem Handwecker aus dem Schlaf gerissen. Ich hatte vergessen ihn nach der letzten Aufstehprozedur im Hotel Monte Conquero in Huelva zu deaktivieren, so ein Mist. Nachdem ich etwas an meinem Telefon herumgefingert habe, ist der Wecker endlich aus. Ich bin so müde, dass ich tatsächlich noch einmal kurz einschlafe. Leider habe ich nicht bedacht, dass es noch den „Reserve-Wecker“ um 7:30 gibt. Ahhh, hört dieser Terror den niemals auf?

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Egal, um 7:35 kann ich die Augen offen halten und halbwegs klar denken. Ich müsste mal die Zähne putzen und eine saubere Toilette wäre auch nicht schlecht. Während das mit dem Zähneputzen noch ganz gut klappt, ist es praktisch unmöglich eine halbwegs saubere Toilette zu finden. Etwa die Hälfte der Toiletten ist mit Toilettenpapier verstopft und es schappt ein gelblich-braune Brühe in der Schüssel herum. Zwar gibt es überall Aufkleber auf denen in mehreren Sprache steht, dass man kein Papier in die Toilette werfen soll, weil sie sonst verstopft, aber scheinbar können viele Gäste selbst das nicht lesen.

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In den Toiletten die nicht  verstopft sind, gibt es kein Toilettenpapier mehr. Es ist wie verhext, in meinem Bauch grummelt und rumort es und eigentlich sind alle Waschräume inakzeptabel. Als mein Leib sich wieder etwas entspannt hat und während ich darauf hoffe, dass am Morgen eine Putzkolonne durch die Waschräume ziehen wird, schaue ich mal ob ich mir ein Frühstück organisieren kann. Im Selbstbedienungsrestaurant ist eine Frau damit beschäftigt mit Glasreiniger die Abtrennung zum Gastraum auch vom letzten aller Fingerabdrücke zu befreien. Schade, dass sie diese Tätigkeit auf das Restaurant beschränken wird. Als sie mich sieht, lässt sie sofort den Putzlappen fallen und flitzt hinter die Theke. Dort sind verschiedene Sorten Marmelade, Butter, Brötchen, Käse, Wurst, Rührei usw. ausgelegt. Es sieht aus wie ein Buffet, ist es aber nicht. Alles was man bräuchte um sich etwas Käse oder Wurst zu nehmen liegt auf der gegenüberliegenden Seite. Ich frage sie auf englisch ob ich ein kleines Frühstück bekommen kann. Sie sagt „Si“ und etwas auf Spanisch, das ich nicht verstehe. Dann breitet sie ihre Arme aus, so dass die Abteilung mit der Marmelade usw. umfasst würde. Anschießend geht sie von mir aus gesehen weiter nach links und weist mit ausgebreiteten Armen auf Wurst und Käse. Zuletzt steht sie vor dem Rührei und etwas das wie Kasseler aussieht, daneben schlabbriger Speck und kleine Pfannkuchen.

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Rein optisch macht das halbwegs etwas her und ich zeige auf das was ich gern hätte. DREI Sachen darf ich mir aussuchen. Ich wähle Rührei, Kasseler und Pfannkuchen. Dazu bekomme ich ein Brötchen und einen Becher Orangensaft. An der Kasse stehen noch Dosen auf den etwas mit Limon aufgedruckt ist, davon nehme ich auch eine Dose. Letztlich kostet alles zusammen 7,95 Euro. Voller Freude suche ich mir einen Platz und bin kurz darauf völlig enttäuscht. Alles ist kalt und schmeckt nach nichts. Salz und Pfeffer finde ich auch nirgendwo, was für eine Pleite. Dass ich mein Frühstück in einer der beiden Mikrowellen aufwärmen könnte, kommt mir leider erst in den Sinn als der Kellner es fast umangerührt wieder abgeräumt hat. Schade eigentlich, richtig warm wäre es vielleicht gar nicht so übel gewesen.

Ich streife etwas durch das Schiff und schaue mich recht weit oben an Deck etwas um. Dort sind etliche Hunde in kleinen Käfigen untergebracht und bellen kräftig um die Wette. Einige Hundebesitzer wollten ihren kleinen Lieblingen das nicht antun und haben sie aus den Käfigen geholt und an Deck spazieren geführt. Dort muss man jetzt aufpassen, dass man nicht in einen der vielen Hundehaufen tritt, die von den Hundebesitzern nicht entfernt wurden, obwohl Kehrbleche, Wischmobs und Wassereimer bereitstehen. Es ist eklig hier oben, also suche ich mir ein anderes Plätzchen.

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Schließlich lande ich am Heck des Schiffes, schaue auf das Meer hinaus und höre etwas Musik. Meine Motorradjacke habe ich noch an, denn obwohl das Thermometer in meiner Uhr etwa 25°C anzeigt, geht ein frischer Morgenwind und der fühlt sich noch recht kühl an. Hier neben dem Pool ist noch nicht viel los und eigentlich ist es ein schönes Plätzchen, aber die Tische sind klebrig und alles ist mit einem feinen Nebel aus Meerwasser überzogen. Außerdem sitze ich in Fahrtrichtung hinter den Auspuffrohren des großen Schiffsdiesels, hier ziemlich intensiv nach Abgasen und das nicht ganz witzig.

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Plötzlich kommt jemand um die Ecke und fragt mich ob ich der Fahrer der schönen blauen BMW bin, ja das bin ich. Es ist Stephan, er ist 71 Jahre alt, stammt aus Augsburg und lebt seit 2002 auf Gran Canaria. Er war mit dem Auto für sechs Wochen auf Fototour im Süden Spanien und ist jetzt auf dem Heimweg nach Gran Canaria. Beim Einchecken ist ihm mein Motorrad aufgefallen und nun hat er mich auf dem großen Schiff tatsächlich gefunden. Wir sitzen ein ganz Weile zusammen und unterhalten uns über sehenswerte Ort im Süden Spaniens. Schließlich gebe ich ihm eine meiner Visitenkarten und er schreibt mir seine Adresse auf Gran Canaria auf. Wenn ich in ein paar Wochen dort bin, soll ich mich mal melden, dann können wir eine Tasse Kaffee trinken und etwas über Fotografie philosophieren.

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Es ist jetzt ungefähr 10h und ich würde gern wissen wo wir gerade sind. Eine Internet-Verbindung gibt es hier auf dem Meer natürlich nicht. Aber auf meinem Smartphone hat sich Google-Maps noch wesentliche Teil des Kartenmaterials von Spanien, Marokko und den Kanaren gemerkt. Ich schalte mal das GPS ein und rund 60s später zeigt wird meine Position angezeigt. Es ist nur ein kleiner blauer Punkt und wenn ich mich drehe folgt ein winzige blaue Spitze meiner Bewegung, aber dieser kleine blaue Punkt gibt mir Hoffnung, wir haben schon 2/3 der Strecke bis nach Lanzarote zurückgelegt. Ich versuche die restliche Zeit im Kopf zu überschlagen und habe so den Eindruck, dass wir in etwa acht Stunden im Hafen von Lanzarote einlaufen sollten. Dort gibt es dann einen Stopp, bis alle Autos ausgeladen und die Gäste von Bord gegangen sind. Danach wird es weiter nach Gran Canaria gehen und irgendwann nach Mitternacht werden wir dann im Hafen von Santa Cruz de Tenerife einlaufen. Es sind jetzt nur noch 14 Stunden, das sollte irgendwie zu schaffen sein.

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Irgendwie ist es blöd, dass ich hier allein bin. Zwar gibt es einige wenige Deutsche, aber die überwiegende Zahl der Reisenden spricht nur Spanisch. Sich mit etwas entspanntem Small-Talk die Zeit zu vertreiben ist so kaum möglich.

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Später am Nachmittag klopft mir Stephan dann unerwartet auf die Schulter. Er hat sechs Wochen lang nur mit Kellnern und Hotelpersonal sprechen können und so sind wir beide froh, dass wir uns nach Herzenslust über schöne Fotolocations in Spanien und den Kanaren unterhalten können.

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So vergeht die Zeit schneller als gedacht und um etwa 16h laufen wir im Hafen von Lanzarote ein. Rund eine Stunde später geht es weiter nach Gran Canaria, die Fahrt dauert etwa 6 Stunden, so dass wir dort gegen 21h am Abend eintreffen. Eigentlich ist es schon 22h, aber wir sind jetzt in einer anderen Zeitzone und haben unterwegs die Uhren um eine Stunde zurückgestellt.

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Im Hafen von Gran Canaria haben wir fast zwei Stunden Aufenthalt die sich einfach nur quälend langsam dahinziehen. Es ist mehr als nervtötend, dass die Fähre jetzt so kurz vor dem Ziel mit diversen Containern be- und entladen wird. Aber wenigstens habe ich inzwischen eine halbwegs funktionstüchtige Toilette gefunden, das stimmt mich für den Rest der Reise halbwegs positiv. Die Fähre ich längst nicht ausgebucht und dennoch hat das Personal alle Hände voll zu tun. Die Toiletten wurden zwischendurch gereinigt und nun sind sie wieder halbwegs passabel. Allerdings sind sie teilweise schwer mitgenommen, was aber eher an den Gästen als an der Fährgesellschaft lieft. Ganze Toilettenschüsseln sind lose und stehen quer in ihrer Behausung. Bei einigen Toiletten hängen die Türen schief, weil die Gäste so heftig an den Türen gerappelt haben, dass auf der Rückseite alle Schrauben aus den Absperrwänden herausgerissen sind. Etwas nervig ist auch die krasse Klimatisierung der gesamten Fähre. überall liegen die Gäste mit Decken in den Ecken herum, denn es ist hier einfach tierisch kalt. Kaum ist man draußen, ist es angenehm warm, aber eben auch laut und es riecht nach Abgasen.

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Aber genug gemeckert, letztlich war es eine recht angenehme Überfahrt. Die See war herrlich ruhig und das große Schiff ist nur ganz seicht von Steuerbord nach Backbord und wieder zurückgerollt. Anfangs war mir mal ein wenig übel, aber dann habe ich zwei SUPERPEP Kaugummis aus der Apotheke gekaut und gleich wurde es wieder besser. SUPERPEP sind spezielle Kaugummis gegen Reisekrankheit und Übelkeit. Zunächst war ich ja skeptich, aber die Dinger funktionieren wirklich.

Letztlich waren es nun fast zwei Tage auf See und es war teilweise witzig zu sehen wie die Gäste in Schlangenlinien über die Flure der Fähre gelaufen sind, ich selbst war da keine Ausnahme und ich bin sehr gespannt wie es sich anfühlen wird in etwa 3 Stunden auf meinem Motorrad zu sitzen und durch die Nacht zur Finca San Juan auf Teneriffa zu fahren.

Ankunft auf Teneriffa

Im Internet hatte ich einige teils schaurige Geschichten gelesen über Leute deren Autos oder Motorräder einige Tage vom Zoll im Hafen von Santa Cruz festgehalten wurden weil der Verdacht bestand, dass diese auf Teneriffa verkauf werden könnten. Aufgrund der Lektüre dieser Geschichten bin ich kurz vor dem Anlagen des Schiffes etwas angespannt, ich weiß einfach nicht was dran ist an den Geschichten und was mich jetzt erwartet.

Während das Schiff an der Hafenmauer festgemacht wird, dürfen die Fahrgäste schon zu ihren Fahrzeugen. Als ich bei meiner BMW ankomme ist noch alles so wie ich es verlassen habe. Es ist nicht gestohlen worden und es wurde auch nichts beschädigt, mir fällt ein Stein vom Herzen. Schnell löse ich meinen eigenen Spanngurt und die beiden Spanngurte der Fährgesellschaft. Die Autos in der Mitte des Decks dürfen vor uns ausfahren und so warte ich mir etwa zehn anderen Motorradfahrern bis auch wir ausfahren dürfen. Während ich mein schwer beladenes Motorrad langsam und vorsichtig die steile Rampe herunter manövriere schaue versuche ich zu erkennen wohin die anderen Autos fahren und ob es irgendwelche Zöllner gibt die uns in Empfang nehmen. Aber es ist mitten in der Nacht und scheinbar haben sie heute keine Lust. Ich kann jedenfalls von der Fähre ohne auch nur kurz anzuhalten gleich in Richtung Autobahn weiterfahren, ich bin erleichtert.

Auf der Autobahn ist nicht viel los und als ich gerade beherzt den Gashahn aufreißen möchte überhole ich ein Polizei-Fahrzeug. Huch, das wäre jetzt wirklich blöd gewesen. Gut, dass ich es noch rechtzeitig gesehen habe! Mit 120 km/h geht es in Richtung Puerto de la Cruz und dann weiter an Los Realejos vorbei nach San Juan de la Rambla. Kurz bevor ich dort die Hauptstraße verlasse überholen mich zwei der anderen Biker die neben mir auf der Fähre gewartet haben. Sie hupen und winken fröhlich. Sicher sind sie genauso froh diese schier endlos lange Überfahrt endlich hinter sich gebracht zu haben.

Auf der Höhe der Ortschaft Tacoronte bin ich in einem kurzen Regenschauer nochmal kräftig nass geworden, aber während ich bei knapp 24°C zur Finca San Juan hinauffahre sind Hose und Schuhe schon fast wieder trocken. Bei der Finca angekommen brennt abei Zimmer 104 im Haus „Teneriffa“ das Licht und es steckt ein Schlüssel in der Türe, großartig! Home sweet home, ich habe es geschafft, nach 42 Tagen auf der Straße bin ich an meinem wichtigsten Reiseziel angekommen, ich bin auf der Finca San Juan auf Teneriffa und es fühlt sich hier alles einfach nur gut an. Schnell räume ich meine Motorrad ab und knipse noch das Cockpit meine BMW mit meinem Smartphone.

Nach deutscher Zeit ist es jetzt 4:33. Ich bin allerdings mit der Fähre schon in die nächste Zeitzone gefahren, also ist es 3:33. Die Fähre ist wegen des langen Aufenthaltes im Hafen von Gran Canaria mit etwa zwei Stunden Verspätung auf Teneriffa eingetroffen.

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Der Kilometerstand meines Motorrades beträgt jetzt genau 40.359. Gestartet bin ich kurz nach der 30.000er Inspektion. Ich bin jetzt seit 42 Tagen unterwegs und stehe eigentlich erst am Anfang meiner großen Reise. Ich habe grob 100 Tage eingeplant, habe also nich 58 Tage um mir die einzelnen Inseln der Kanaren anzuschauen und mit dem Motorrad zurück nach Deutschland zu fahren. Aber es ist nichts fest geplant und insgeheim habe ich die Hoffnung, dass ich vielleicht mit meinem Motorrad hier auf Teneriffa überwintern und erst im nächsten Frühling zurück nach Deutschland fahren werde. Aber das ist bislang Zukunftsmusik und meine Freundin, meine Familie und nicht zuletzt mein Bankkonto setzen diesem Gedanken enge Grenzen. So schlafe ich letztlich total ermattet aber irgendwie auch überglücklich ein.

Ich habe es geschafft, ich bin mit meinem eigenen Motorrad auf den Kanaren, YES!!

Das Buch zum Abenteuer

Mein Buch zu dieser spannenden Fotoreise gibt es bei amazon.de als Kindle eBook zu kaufen. Auf 573 Seiten gibt es die vollständige Geschichte sowie 200 farbige Fotos, einige Karten und viele Tipps zum Thema Fotografie.

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Für alle die gern selbst mit ihrem Motorrad auf die Kanaren reisen wollen, habe ich ein Reiseratgeber geschrieben. Dieses Buch kann zum Preis von nur 1,99 Euro bei amazon.de als E-Book für den Kindle eReader oder die Kindle Lese-App gekauft werden.

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