Mit dem Motorrad nach La Gomera

In den 70er Jahren war La Gomera, die zweitkleinste Insel der Kanaren, das Mekka vieler deutscher Aussteiger. Wegen des kleinen Airports landen dort keine großen Ferienflieger, so dass es auf der Insel mit nur etwa 20.000 Einwohnern zumeist sehr ruhig und entspannt zugeht. Riesige Hotelburgen gibt es hier fast gar nicht, man wohnt eher in keinen Ferienwohnungen oder Appartements mit einer Küchenzeile. Wegen der Lage im Westen Teneriffas, legen die Fähren nach El Hierro und La Gomera im Hafen von Los Christianos im Süd-Westen Teneriffas ab. Die Überfahrt von Teneriffa nach La Gomera ist wegen der kurzen Distanz von rund 40 Kilometern gar kein Problem. Die Tickets sind relativ preiswert und die Fähren verkehren mehrmals täglich. Wer mag kann also am frühen Morgen auf Teneriffa ablegen, sich einen Tag auf La Gomera vergnügen und zum Abendessen wieder im Hotel auf Teneriffa sein.

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Besonders für deutsche Urlauber bietet sich sich das Valle Gran Rey im Westen La Gomeras als Reiseziel an. Dort leben viele deutsche ehemalige Hippies und Aussteiger, die inzwischen Hotels betreiben oder Ferienwohnungen vermieten. Viele Deutsche können eben doch nicht aus Ihrer Haut heraus. Wer den touristischen Trubel nicht mag, der ist beispielsweise in Hermigua im Nord-Osten der Insel gut aufgehoben. Doch genug der Infos, weiter geht es mit meinem Reisebericht…

Die ruhigen Tage auf Teneriffa sind vorbei, heute geht die Reise weiter nach La Gomera. Die Nacht ist heiß und unruhig, der Kalima macht mir zu schaffen. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch und noch am Abend waren es fast 30°C. Würde es dieses fiese Wetter auf den Kanaren ständig geben, die Inseln wären als Urlaubsziel eher uninteressant. Aber der Kalima hält sich meist nur 3-4 Tage und danach wird alles wieder gut. Als ich am Morgen um 7:30 aufstehe habe ich daher die Hoffnung, dass ich auf La Gomera etwas angenehmere Tage haben werde.

Noch vor dem Frühstück packe ich alle meine Sachen zusammen, darin habe ich inzwischen Übung und bin wirklich schnell, für meine Verhältnisse jedenfalls. Was mich aufhält ist, dass ich nun schon eine Weile in diesem kleinen Häuschen wohne und meine Sachen überall verstreut sind. Später auf La Gomera werde ich feststellen, dass ich mein Shampoo, Q-Tipps usw. doch vergessen habe. Aber das kann man alles auf La Gomera billig einkaufen.

Nach dem Frühstück packe ich der Reihe nach die schweren Gepäckstücke auf mein Motorrad. Die Wege sind nicht weit, aber letztlich steht mir doch der Schweiß auf der Stirn und so sitze ich noch fast eine halbe Stunde lang am Pool und hänge entspannt die Beine ins Wasser. Gern würde ich ja nochmal kurz schwimmen gehen, aber meine Badehose ist schon irgendwo auf dem Motorrad verpackt.

So verabschiede ich mich um kurz vor 11h und mache mich auf den Weg nach Los Christianos. Meine dicke Motorradlederhose anzuziehen, das habe ich heute nicht geschafft. Daher fahre ich etwas unkonventionell gekleidet in kurzer Hose mit T-Shirt und geöffneter Motorradlederjacke. Als ich bei der Finca San Juan den Motor starte, zeigt der Bordcomputer meiner BMW satte 32°C an. Es ist wohlgemerkt erst 11h am Morgen!

Statt die kurvenreiche Strecke durch die Berge zu nehmen, entscheide ich mich für die gemütliche Fahrt auf der Autobahn. Mit kaum mehr als 80 km/h geht es dahin, der Wind weht mir um die Beine und durch die Jacke, eigentlich ist es jetzt ganz angenehm. Aber das wird nicht lange so bleiben, denn schon auf der Südseite der Insel beginnen die Temperaturen zu klettern. Als ich schließlich auf Höhe des Flughafens bin, zeigt das Thermometer abenteuerliche 38°C und das ist jetzt ziemlich ätzend…

Kurzer Hinweis: Alle Fotos sind mit dem HTC ONE M8 geknipst und man sieht den Kalima sehr schön. Alles ist grau in grau…

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Als es im Hafen von Los Christianos mit knapp 30°C wieder etwas kühler ist, kann ich endlich wieder aufatmen. Den Hafen kenne ich bereits von der Überfahrt nach El Hierro, ich mache heute alles ganz genauso, nur dass ich eine andere Fähre nehme. Als ich im Hafen eintreffe, liegt die Volcan de Taburiente schon mit geöffnetem Bug vor Anker. Es haben sich auch schon etliche Autos in drei Warteschlangen eingereiht. Da ich jetzt weiß, dass ich Priorität habe, stelle ich mich ganz dreist vor das erste Auto in der ersten Schlange. Eigentlich ist hier ein blau markierter Parkplatz auf den ein Rollstuhl aufgemalt ist, aber das soll mich nicht weiter stören, im Zweifel kann ich mein Motorrad schnell wegschieben.

Nachdem ich im Restaurant gleich nebenan eine schöne kalte Cola mit viel Eis zu mir genommen habe, kommt unten auch schon Bewegung in die Schlange. Ich flitze schnell runter und werde schon erwartet. Mein Ticket vom „Self-Checkin“ hat Jo mir auf der Finca San Juan ausgedruckt und ich habe es gut sichtbar unter der Klarsichtfolie meines Tankrucksacks. Als ich am Motorrad ankomme steht ein extrem cooler Herr um die 50 mit Glatze, Sonnenbrille, Anzughose, kurzärmeligem Hemd und Krawatte vor mir und tippt auf den Tankrucksack. Aha, er will das Ticket haben. Als er es in Händen hält, tritt er einen Schritt zurück und weist mich mit einer ausladenden Geste seiner linken Hand an, als Erster auf das Schiff zu fahren, wie cool!

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Diese Fähre hat nur eine Etage, die Autos fahren vorn herein und auf La Gomera einfach hinten wieder heraus. Das ist viel einfacher als beim Katamaran der nach El Hierro fährt. Gleich rechts im Rumpf des großen Schiffes sind am Boden etwa 10 dicke Ösen angeschweißt, überall liegen Seile und Ketten herum. Ich werde gleich zwischen die beiden ersten Ösen gewunken. Als ich absteige ist schon jemand zur Stelle, der mein Motorrad mit einem der Seile mit einem sehr geschickten Seemannsknoten festbindet. Sie steht jetzt eigentlich recht sicher aber mit dem vielen Gepäck, das zudem sehr hoch gestapelt ist, will ich die schwere Maschine lieber noch zusätzlich sichern. Diesmal habe ich meine beiden Spanngurte dabei. Noch am Abend zuvor habe ich sie so gekürzt,  dass sie für das Verzurren des Motorrades noch gerade lang genug sind. Die Ende habe ich kurz mit meinem Feuerzeug erhitzt, so dass die Kunstfasern mit einander verschmolzen sind, nun ist alles perfekt. Aus dem überschüssigen Material habe ich mir zwei Schlaufen gemacht. Damit könnte ich notfalls auch einen rostigen Eisenhaken oder ähnliches an meinem Motorrad einhängen, ohne etwas zu beschädigen.

Nachdem mein Moped ordentlich verzurrt ist, gehe ich eine der Treppen hinauf ins Schiff. Diese Fähre ist schon ein ganz anderes Kaliber als der vergleichsweise kleine Katamaran der nach El Hierro fährt. Das Treppenhaus hat hier 5 satte Etagen!

Oben auf dem Passagierdeck ist noch alles leer. Anfangs bin ich ganz allein. Die Sessel sind bequem und in recht ordentlichem Zustand, wenngleich es auch einzelne Exemplare gibt die in etwas traurig aussehen. Aber die Fahrzeit beträgt nur 60 Minuten, La Gomera ist nur 38 Kilometer entfernt.

Nach etwa 20 Minuten legt das Schiff dann mit ab und erzeugt beim Drehen im Hafenbecken abenteuerliche Geräusche. Später auf See ist nur noch ein sonores gleichmäßiges Stampfen des großen Schiffsdiesels zu hören. Unterwegs werden wir von der Fred Olsen Schnellfähre überholt, es ist ein echt krasses Ding und sieht megamäßig cool aus. Als wir auf La Gomera eintreffen, ist die Fred Olsen Fähre schon entladen und bereit für die Rückfahrt.

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Unsere Fähre kommt den Felsen neben dem Hafenbecken bedrohlich nahe und dreht sich kurz davor unter lautem Knarren und Brummen um die eigene Achse um dann rückwärts anzulegen. Per Durchsage werden die Passagiere gebeten sich zu ihren Autos zu begeben. Ich schnalle mein Motorrad los, verstaue meine Spanngurte und bin startklar. Bis ich letztlich losfahren kann, wird es aber noch etwas dauern. Diesmal war habe ich meinen Helm mit in die Fähre genommen. Bei der Hinfahrt nach El Hierro hatte ich meinen Helm auf dem Motorrad gelassen und war nicht schlecht erstaunt als ich feststellte, dass sowohl der Helm als auch mein Motorrad von einem feinen schmierigen Meerwassernebel überzogen waren. Das kann heute nicht passieren, denn erstens ist diese Fähre geschlossen und zweitens habe ich meinen Helm dabei.

Noch am Morgen habe ich in mein TomTom Rider als Ziel das Hotel Apartamentos Los Telares auf La Gomera eingegeben. Ganz witzig war der Warnhinweis des TomTom Rider:

„Diese Route enthält eine Fährverbindung. Vermeiden?“

Manchmal frage ich mich wie realitätsfern einige Software wohl programmiert wird. Aber vielleicht  gibt es ja eine Abkürzung zwischen den beiden Inseln die nur noch niemand gefunden hat…

Wie dem auch sei, mit Unterstützung meines TomTom Urban Rider finde ich mein Hotel auf Anhieb. Kurz nach Verlassen der Fähre zeigt mein Bordcomputer nochmals 35°C an, aber beim Hotel angekommen sind es nur noch sehr angenehme 28°C. Bereits am Morgen hatte ich via WhatsAPP eine sehr nette Nachricht von Ana Trujillo erhalten, in der kurz erklärt wird wie der Check-In funktionieren wird. Als ich auf die Idee kam dieses nette Appartement-Hotel bei Facebook zu suchen bin ich dann auf einen Post von Ana gestoßen in dem sie schreibt, dass heute ein Blogger und Fotograf aus Deutschland eintreffen wird. Außerdem empfiehlt sie dort den Followern der Seite meinen BLOG. Es gibt Tage die beginnen cool und können dieses Feeling bis zur letzten Sekunde aufrechterhalten. Heute ist solch ein Tag.

Empfehlung-BLOG

Erklaerung-CheckIn-WhatsAPP

Als ich am Hotel ankomme ist die Rezeption schon nicht mehr besetzt, aber draußen ist mein Name angeschlagen. Und so wie bei WhatsAPP mitgeteilt, steckt beim Zimmer 408 schon mein Schlüssel. Perfekt, besser geht es nicht!

Nachdem ich mein Motorrad entladen habe, gehe ich in Badeschlappen zu Fuß die Straße hinunter um Ana Trujillo kennenzulernen. Aber ich bin ein paar Minuten zu spät, als ich am Restaurant Los Telares eintreffe, ist schon alles geschlossen. Also schwinge ich mich kurz darauf auf mein Motorrad und erkunde mit laufender GoPro ein wenig das Tal rund um die kleine Gemeinde Hermigua. Weil ich etwas sehen will, fahre ich natürlich sehr langsam und es ist mehr als cool, dass mich dabei die Einheimischen freundlich grüßen.

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Auf Teneriffa hatte ich es vermutet und hier bin ich mir ganz sicher, ich fahre die einzige BMW K1200r Sport auf dieser Insel und das erregt natürlich etwas Aufsehen bei den jungen Gomeros.

Auf dem Rückweg mache ich noch kurz bei einem der beiden geöffneten Supermärkte halt und kaufe gerade soviel, dass ich es noch in einem Tankrucksack transportieren kann.

Den Rest des Abends verbringe ich auf dem Balkon und genieße die Aussicht auf die Berge während ich mit meinen beiden GoPro Kameras ein paar kurze Zeitraffer-Sequenzen aufnehme. Als es sich anschickt Nacht zu werden, mache ich meine GoPro 4 Black Edition bereit für meine erste richtig lange Zeitraffer-Sequenz. Ich stelle ISO-800 und eine Belichtungszeit von 30s ein. Im Modus Night-Time-Lapse wird diese kleine Kamera dann dauerhaft alle 30s für 30s ein Foto aufnehmen. Weil sie noch auf meiner kleinen runden Eieruhr montiert ist, stelle ich die Eieruhr so auf, dass die Kamera im Winkel von etwa 20° nach oben auf die Berge schaut. So sollten die Sterne mit auf das Video kommen. Damit der Akku der Kamera so lange wir möglich durchhält, schließe ich über ein USB-Kabel meinen neuen externen 6.000 mAh Akku an. Den Akku sichere ich mit einem kleinen Silikon-Gummi, das ich mir einige Tage zuvor auf Teneriffa im großen Einkaufszentrum besorgt habe.

Während meine GoPro vor sich hin knipst und alle 30s ganz kurz rot aufblinkt, versuche ich gleich nebenan etwas zu schlafen. Aber es fällt mir schwer, alles ist wieder anders, alles ist neu, es wird eine Weile brauchen bis ich mich an dieses Zimmer gewöhnt habe.

Die Nacht ist entsprechend unruhig und ich träume einen ganzen Hollywood-Krimi. Während ich träume finde ich es so cool, dass ich mir im Traum vornehme diesen Krimi nicht zu vergessen und am nächsten Tag schnell aufzuschreiben. Aber wie das immer so ist, am nächsten Morgen ist er leider bereits vergessen. Etwas verkatert wanke ich auf den Balkon, die Sonne ist noch hinter den Bergen, aber es ist schon hell. Und ich staune nicht schlecht, als ich meine GoPro kopfüber auf dem Balkon-Geländer liegen sehe. Huch, das hätte schwer ins Auge gehen können, mein Akku war gesichert, die Kamera aber nicht. Wenn sie zur anderen Seite gekippt und abgestürzt wäre, hätte ich sie jetzt tief unten vor dem Hotel zusammensuchen müssen. Das Gebäude ist an einer Klippe gebaut und vom Balkon geht es vier Stockwerke tief hinab. Unten sind Pflanzen aber auch Steine. Einen Sturz aus dieser Höhe hätte meine GoPro nicht überlebt. Huch, das ist ja nochmal gut gegangen…

Ich muss an mein dummes Gesicht denken, als mir vor ein paar Wochen auf der Solisbrücke über der Albulaschlucht in der Schweiz meine schöne GoPro 4 Black Edition mit Touchscreen, Graufilter und 64GB Sandisk Speicherkarte abgestürzt ist. Das möchte ich nicht wieder erleben und hier auf La Gomera würde es ggfs. auch schwierig erneut an „Ersatz“ zu kommen. Aber sie lebt noch und alles ist gut. Ich bin dankbar, dass der Wind in der Nacht meine Kamera in die richtige Richtung geschoben hat.

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Hier ist meine mehr als sechs Stunden lange Zeitrafferaufnahme inklusive des kleinen „Umfalls“ meiner GoPro in den letzten 20 Minuten um kurz nach 5h am Morgen. Wer das Video in HD und im Vollbild in in dunkler Umgebung anschaut, wird die ruhig dahin ziehenden Sterne sehr gut erkennen können.

Während der kommenden Tage werde ich La Gomera intensiv unter die Lupe nehmen und hier sicher viel Spaß haben. Was ich heute gesehen habe, gefällt mir sehr gut und ich bin gespannt welche Abenteuer hier noch auf mich warten.

Das Buch zum Abenteuer

Mein Buch zu dieser spannenden Fotoreise gibt es bei amazon.de als Kindle eBook zu kaufen. Auf 573 Seiten gibt es die vollständige Geschichte sowie 200 farbige Fotos, einige Karten und viele Tipps zum Thema Fotografie.

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Für alle die gern selbst mit ihrem Motorrad auf die Kanaren reisen wollen, habe ich ein Reiseratgeber geschrieben. Dieses Buch kann zum Preis von nur 1,99 Euro bei amazon.de als E-Book für den Kindle eReader oder die Kindle Lese-App gekauft werden.

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