Von El Hierro nach Teneriffa

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Die Tage auf El Hierro waren mehr als entspannt, trotzdem kann ich in dieser Nacht irgendwie wieder nicht richtig schlafen. Es ist immer das Gleiche, kaum steht eine wichtige Etappe bevor, deren Verlauf ich nicht vollstĂ€ndig selbst in der Hand habe, bin ich irgendwie nervös und kann nicht so recht schlafen. Aber heute ist meine Schlaflosigkeit gar nicht so ĂŒbel, denn selbst in der Nacht ist es noch so mild, dass ich mit einem Bier auf meinem kleinen Balkon sitzen und die Sterne anschauen kann. Etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang schnappe ich mir meine GoPro 4 und montiere sie auf mein kleines Cullmann „Taschenstativ“. Schnell geht es leise die Treppe hinauf auf das Flachdach und in der Dunkelheit suche ich mir eine Ecke von der ich hoffe, dass man hier den Sonnenaufgang wird sehen können.

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Etwa zwei Stunden spĂ€ter ist die Show in vollem Gange und es ist heute wieder ziemlich gut. Die Wolken ziehen schnell dahin und die Sonne fĂ€rbt sie krĂ€ftig ein. Die Strukturen am Himmel wechseln stĂ€ndig und ich kann meine Fuji X-T1 gar nicht ruhig halten. Um mir die Wartezeit bis zum FrĂŒhstĂŒck etwas zu verkĂŒrzen, montiere ich noch schnell ein kurzes Zeitraffer-Video zusammen. Gegen 9h gönne ich mir ein kleines letztes FrĂŒhstĂŒck in der Bar unten im Garten. Die Leute in der Bar sind fast jeden Tag die Gleichen. Auch die junge Frau hinter dem Tresen schaut mich schon grinsend an und sagt nur noch „CafĂ©, Zumo, Sandwich, JardĂ­n?“ Ich sage nur „Si“ und bin schon mit meinem Telefon im Garten. Das einzige WiFi Netzwerk das oben in meinem Zimmer verfĂŒgbar ist, funktioniert leider seit fast einer Woche nicht mehr. Aber hier unten in der Bar klappt es mit dem WiFi der Bar ganz gut und so schaue ich wie das Wetter wird und ob die FĂ€hre pĂŒnktlich ablegen wird.

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Gegen 11h gebe ich meinen SchlĂŒssel ab und will zur FĂ€hre. Weil ich nun wieder viel GepĂ€ck dabei habe, will ich das ESA-Fahrwerk meiner BMW K1200r Sport umstellen. Es gibt Einstellungen fĂŒr einen und zwei Fahrer, sowie einen Fahrer mit GepĂ€ck. Um zu wechseln, drĂŒckt man  bei laufendem Motor den ESA-Knopf etwas lĂ€nger und wartet bis im Display angezeigt wird was nun eingestellt ist. Diese „Basis-Einstellungen“ kann man mit jeweils drei Feinabstufungen COMF, NORM und SPORT genauer an die persönlichen Vorlieben anpassen, dazu drĂŒckt man den ESA-Knopf nur ganz kurz. Eigentlich hat das alles immer sehr gut funktioniert und so staune ich nicht schlecht, dass heute nichts aber wirklich gar nichts passiert, als ich den ESA Button lĂ€nger drĂŒcke. Irgendetwas ist defekt, das erste Problem nach rund 11.000 Kilometern. Die Feinabstimmung COMF, NORM und SPORT funktioniert noch und das Motorrad fĂ€hrt auch noch, also mache ich mich mit einem viel zu weichen Fahrwerk auf den Weg zur FĂ€hre.

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Als ich bei der Hauptstadt Valverde vorbeikomme, setzt leichter Nieselregen ein, das Thermometer zeigt 22°C. SpĂ€ter klart es etwas auf. Im Hafen angekommen bin ich fast drei Stunden zu frĂŒh. Also ist noch Zeit fĂŒr einen Abstecher zum Parador und zum Roque de la Bonanza. Hier scheint die Sonne bei feucht warmen 30°C.

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Als ich schließlich im Hafen eintrudele ist es 12:30, die FĂ€hre soll um 14:00 ablegen. Nachdem ich einige Fotos geschossen habe, setze ich mich in den Schatten und warte darauf was noch passieren wird. Nach und nach treffen weitere Autos ein. Um ca. 13:00 rollt ein leicht prolliger alter 3er BMW an den wartenden Fahrzeugen vorbei und hĂ€lt direkt vor der FĂ€hre. Es steigt ein großer krĂ€ftiger Typ aus, er legt ein Warnweste an, schiebt sich eine Zigarette zwischen die ZĂ€hne und beginnt die wartenden Fahrzeuge auf die Ă€ußeren Fahrspuren zu dirigieren um Platz fĂŒr einige LKW zu schaffen die kurz darauf eintreffen. Als er mein Motorrad sieht sagt er etwas das klingt wie „Prioritaire“ oder so und winkt mich ganz nach vorn an den Anfang der Schlange.

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Die LKWs werden so eingewiesen, dass sie rĂŒckwĂ€rts direkt vor der Rampe der FĂ€hre stehen. Ein paar Minuten spĂ€ter wird auch schon die Rampe der FĂ€hre heruntergelassen und mehrere Mitarbeiter der FĂ€hrgesellschaft ARMAS beginnen damit diese großen LKWs rĂŒckwĂ€rts auf die FĂ€hre zu lotsen. Es ist Millimeterarbeit und ich bewundere die Fahrer fĂŒr ihre PrĂ€zision und Gelassenheit. Sicher haben sie das schon oft gemacht. Vielleicht 20 Minuten spĂ€ter stehen die beiden großen Fahrzeuge dort wo sie hinsollen. Nun dĂŒrfen ein Harley-Fahrer, der kurz zuvor eingetroffen ist und ich auf die FĂ€hre. Er hat einen dicken breiten Spanngurt dabei. Ich habe leider nichts, denn ich habe blöderweise knapp zwei Wochen zuvor meine Gurte in meinem kleinen HĂ€uschen auf der Finca San Juan auf Teneriffa vergessen.

Es kommt ein Mitarbeiter der FĂ€hrgesellschaft und wirft mir ein einige blaue Gurte mit Haken vor die FĂŒĂŸe. Ich versuche sie zu entwirren und das Prinzip zu verstehen, aber sie sind ziemlich verknotet und ich verstehe auch nicht wie es funktionieren soll. Es gibt nur einen flachen BĂŒgel, sonst nichts. Ich bin etwas ratlos. Letztlich erbarmt sich einer der Mitarbeiter mir zu helfen. Er schlingt jeweils ein Ende der Gurte geschickt so um den Rahmen meiner BMW, so dass nichts verschrammt wird. Den anderen Haken positioniert er in je einer stabilen Öse die am Boden der FĂ€hre festgeschweißt ist. Dann zieht er das Seil so stramm wir er es mit den HĂ€nden schafft und legt danach nur diesen einfachen Hebel um. Dadurch wird der Gurt straff gespannt. Es gibt nur diese eine Stellung und wie stramm er sitzt, das legt man zuvor mit etwas Muskelkraft fest. Damit der „Hebel“ sich nicht löst, wird der Rest des Gurtes darum geschlungen und verknotet, fertig.

In der FĂ€hre lĂ€uft die Klimaanlage wieder auf Hochtouren. Nach der heißen Wartezeit ist das eigentlich ganz angenehm. Trotzdem setze ich mich nach vorne links, dort scheint die Sonne durch die Fenster und es ist etwas wĂ€rmer. Ich will mich nicht erkĂ€lten.

Die FĂ€hre legt pĂŒnktlich um 14h ab und einen Tag spĂ€ter werde ich via Facebook erfahren, dass es eine WebCam gibt die den gesamten Hafenbereich filmt. Eine meiner Facebook-Freundinnen hat sich dort live das Ablegen „meiner FĂ€hre“ angeschaut und fĂŒr mich zwei Screenshots gemacht. Sehr cool!! Die Zeitangaben sind ĂŒbrigens in deutscher Zeit. El Hierro ist eine Stunde weiter, also 14 Uhr und nicht wie von der WebCam angezeigt 13 Uhr.

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Als wir nach etwa 2,5 Stunden den Hafen von Los Christianos erreichen, scheint dort ganz toll die Sonne und ich freue mich auf die Fahrt zur Finca San Juan. Unten in der FĂ€hre bekomme ich einen kleinen Schock, Mein Motorrad ist total zugeparkt, es steht quer zwischen lauter Autos und es geht nicht hin und nicht her. Ich löse die Gurte und warte ab was passieren wird. Nachdem die Rampe geöffnet ist, fahren die Autos nach und nach von der FĂ€hre, irgendwann kann ich mein Motorrad etwas zurĂŒckschieben und auch losfahren. Die Strecke bis zur Autobahn wird recht mĂŒhsam, weil nun sehr viele Autos vor mir sind und wir etliche Zebrastreifen passieren mĂŒssen auf denen sich immer wieder FußgĂ€nger ganz besonders viel Zeit lassen. Es ist 32°C heiß und es nervt mich alles total.  Schnell ist der Motor meiner BMW so heiß, dass der Ventilator dauerhaft lĂ€uft um dem großen Motor etwas KĂŒhlung zu verschaffen.

Als ich endlich auf der Autobahn bin, stehe ich auch dort im Stau. WĂ€hrend der langen Zeit auf El Hierro hatte ich selten mehr als ein Auto in meinem Sichtfeld, wenn ĂŒberhaupt, so kamen sie mir entgegen. In 11 Tagen habe ich vielleicht 20 Autos ĂŒberholt und ich war fast jeden Tag mehrere Stunden mit dem Motorrad auf El Hierro unterwegs. Nun fĂŒhle ich mich, als wĂ€re ich zwei Wochen zum KĂŒhe melken auf einer bayrischen Alm gewesen und mĂŒsste nun auf der Autobahn in die MĂŒnchner City fahren. Puh…

Als es endlich etwas vorwĂ€rts geht, springt das rote Warndreieck im Cockpit meiner BMW an. Ein Symbol das wie eine kleine Ölkanne ausschaut und ein kleiner „Motor“ blinken ziemlich wild. Mir fĂ€hrt ein Schreck durch alle Glieder, was ist nun los? Etwa 500 Meter weiter ist eine Tankstelle, im Leerlauf rolle ich von der Autobahn und stelle den Motor sofort ab. Ich hole mir etwas Papier, nehme die Sitzbank ab und prĂŒfe den Ölstand, es ist alles ok. Etwas ohnmĂ€chtig stehe ich schwitzend in meiner dicken Motorrad-Kombi in der heißen Nachmittagssonne. Was nun?

Öl nachzufĂŒllen erscheint mir nicht sinnvoll, es ist ja noch reichlich Öl drin und dieser Motor hat noch nie Öl verbraucht. WĂ€hrend der letzten 44.000 Kilometer bin ich sie von Inspektion zu Inspektion gefahren ohne auch nur einen einzigen Tropfen nachfĂŒllen zu mĂŒssen. Was ist bloß los, was mach ich jetzt?

Ich muss irgendwie weiter, es hilft alles nichts. Wenn der Motor den Fehler weiterhin anzeigt, werde ich mir hier einen Abschleppwagen organisieren mĂŒssen. Aber ich versuche es erst einmal mit einem „Neustart“ nachdem sich der Motor etwas abkĂŒhlen konnte. Er springt sofort an, brabbelt wie gewohnt etwas unregelmĂ€ĂŸig vor sich hin und keine der Warnlampen leuchtet mehr. Langsam drehe ich eine kleine Runde auf dem GelĂ€nde der Tankstelle, es scheint alles gut zu sein. Ob der Motor im Stau einfach nur zu heiß geworden war?

Ich mache mich auf den Weg zum Flughafen. Dort will ich mich mit meiner Freundin Sandra  an der Tankstelle treffen. Dort angekommen tanke ich etwas nach. Der Tankwart ist reichlich verdutzt, als nur Sprit fĂŒr 8,20 Euro in den Tank rein geht. Ich bin leicht verlegen und drĂŒcke ihm 10 Euro in die Hand, ist schon ok so! Er freut sich und bedankt sich wortreich auf Spanisch, ich verstehe leider kein Wort. Vielleicht hat er auch gesagt, dass ich mit meiner alten schmutzigen Kombi wie der letzte Depp aussehe, ich weiß es nicht, aber ich denke er hat sich bedankt.

Die Tankstelle hat mehrere Automaten mit Eis und GetrĂ€nken. Mir ist etwa so warm wie dem Motor meines Bikes und ich gönne mir eine kalte Cola, wie das zischt… Danach noch ein Eis, eins mit ordentlich Krokant oben drauf, das tut so gut! Als ich fertig bin und gerade mal schauen möchte ob meine Sandra mir noch eine SMS geschickt hat, da steht sie auch schon grinsend vor mir. Sie hat es tatsĂ€chlich geschafft beim Vermieter GoldCar einen fast neuen weißen VW Polo mit nur 5.000 Kilometern zu ergattern, drei Tage fĂŒr zusammen 23,11 Euro!! Weil sie keine Kaution hinterlegen wollte, hat sie noch fĂŒr 50 Euro eine Vollkasko-Versicherung gebucht. Also kostet dieses coole Auto fĂŒr drei Tage insgesamt 73,11 Euro…

Gemeinsam fahren wir zur Finca San Juan. Sie fĂ€hrt vor, wenn sie nicht so genau weiß ob sie abbiegen muss oder nicht, schaut sie in den RĂŒckspiegel und sieht dort die Blinker meiner BMW. So treffen wir rund 100 Kilometer spĂ€ter bei der Finca San Juan ein und sind ĂŒberglĂŒcklich als wir kurz darauf gemeinsam eine Runde im wunderbaren Pool schwimmen können.

Den Tag beschließen wir mit einem tollen Abendessen. Ich habe mir bei Köchin Melanie GemĂŒse mir HĂ€hnchen-Filet gewĂŒnscht. Alles mit KĂ€se ĂŒberbacken und es ist soooo lecker. Dazu Weißwein und spĂ€ter schauen wir uns vor dem kleinen HĂ€uschen noch lange den Sonnenuntergang an und erzĂ€hlen uns bis tief in die Nacht hinein was uns wĂ€hrend der letzten beiden Wochen alles passiert ist.

Das Buch zum Abenteuer

Mein Buch zu dieser spannenden Fotoreise gibt es bei amazon.de als Kindle eBook zu kaufen. Auf 573 Seiten gibt es die vollstÀndige Geschichte sowie 200 farbige Fotos, einige Karten und viele Tipps zum Thema Fotografie.

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FĂŒr alle die gern selbst mit ihrem Motorrad auf die Kanaren reisen wollen, habe ich ein Reiseratgeber geschrieben. Dieses Buch kann zum Preis von nur 1,99 Euro bei amazon.de als E-Book fĂŒr den Kindle eReader oder die Kindle Lese-App gekauft werden.

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