Meine dritte Woche in den USA neigt sich dem Ende zu. Den Tag haben wir bei großer Hitze relativ beschaulich vertrödelt. Sandra war ein wenig Einkaufen, ich habe mich ausgeschlafen und zur Mittagszeit haben wir uns in den kleinen Garten vor dem Motel zwischen vier schattenspendende Bäume gesetzt und einen Salat verspeist den wir uns zuvor im sehr gut sortierten Moab Citymarket gekauft hatten. Nach dem Essen schaue ich noch ein wenig in meine Fotos die ich in der Nacht in der False Kiva aufgenommen habe und finde ein Bild das aus einer etwas anderen Perspektive aufgenommen ist. Es ist etwas früher entstanden als das Foto aus dem letzten Artikel und es gefällt mir auch recht gut.
Sandra hat der morgendliche dreistündige Ausritt bei der Red Cliffs Lodge so gut gefallen, dass sie heute in den Abendstunden gern die kleinere Tour reiten möchte. So packe ich mein Notebook zusammen und gegen 16h (4 pm) starten wir unseren schwarzen Geländewagen und fahren zur Red Cliffs Lodge.
Die Strecke zieht sich doch immer wieder ganz schön hin, aber die Landschaft ist so atemberaubend, ich könnte immer wieder durch das Castle Valley fahren. Nach etwa 30 Minuten sind wir bei der Red Cliffs Lodge. Wir parken in der Nähe des Hauptgebäudes, es gibt dort einen großen Besucherparkplatz und fragen an der Rezeption nach ob noch ein Platz für den abendlichen Ausritt frei ist. Sandra hat Glück, es sind erst 4 Personen angemeldet. Ich zahle 69 $ mit meiner Kreditkarte und wenig später bin ich schon wieder unterwegs in Richtung Osten auf der Straße durch das Castle Valley.
Während Sandra sich auf den Ausritt vorbereitet erreiche ich den Abzweig zum Onion Creek Canyon. Die Straße ist anfangs noch recht gut zu befahren, ändert sich aber schnell von einer Gravel Road zu einer schmalen holprigen Dirt Road.
Die Landschaft wird immer grandioser, die Schlucht tiefer und die umgebenden Felsen höher. Auf dem Dach habe ich meine GoPro HD HERO 3+ und auf dem Armaturenbrett steht meine auf Infrarot 700nm umgebaute Nikon 1V1. Sie steht auf einem kleinen Taschenstativ und wird von der Halterung für mein Smartphone so gegen die Windschutzscheibe gedrückt, dass sie nicht wackelt und in Verbindung mit dem VR (Vibration Reduction) des 6,7-13mm Weitwinkel-Zooms ein tolles sschwarzweißes Infrarot Video aufnimmt. Damit sich die Helligkeit nicht ständig ändert habe ich die Belichtungsautomatik abgeschaltet und manuell 1/100s und Blende 11 bei ISO-100 eingestellt.
Auch die GoPro 3+ liefert nun endlich scharfe Bilder. Man sollte sie bei solchen Aktionen unbedingt in den Modus „Wide“ bringen. Alles was ich bislang im Modus „Medium“ oder „Narrow“ gefilmt habe ist einfach nur unscharfer Matsch der leider komplett unbrauchbar ist. Die Einstellungen mit den engeren Blickwinkeln sind nur im Nahbereich zu gebrauchen. Dann liefern sie auch durchaus respektable Ergebnisse. Für ein Interview aus ca. 1m Entfernung ist „Narrow“ eine wirklich geeignete Einstellung. Sobald man aber etwas filmen möchte was etwas weiter entfernt ist wird man eine große Enttäuschung erleben.
Hier habe ich eine kurze Video-Sequenz deren Upload trotz geringer 480p Auflösung bereits fast eine Stunde benötigt hat. YouTube ist nichts für Leute die in den USA auf dem Land leben…
Für mein Video-Bearbeitungsprogramm Final Cut Pro X gibt es diverse kostenpflichtige Plug-Ins mit denen sich die einem Fisheye sehr ähnliche Verzeichnung des GoPro-Objektivs in Verbindung mit dem Modus „Wide“ recht gut korrigieren lässt. Dies ist meiner Meinung nach die beste Möglichkeit und brauchbare Videos mit einem fahrenden Auto oder Motorrad etc. aufzuzeichnen.
Nach etwa einer Stunde puren Off-Road-Vergnügens halte ich an einer Ausbuchtung an und mache meine Nikon D800E samt AF-S 2,8/14-24mm startklar. Die Sonne steht schon tief und dort wo sich am Boden die Grenze zwischen Licht und Schatten abzeichnet hat man immer wieder gute Gelegenheiten für interessante Gegenlichtaufnahmen. Hier kommt es sehr auf den Standpunkt der Kamera an, einige Zentimeter mehr oder weniger entscheiden darüber wie stark das Gegenlicht ist. Ich mag es wenn die Sonne fast komplett von einer Felskante verdeckt ist und nur ein kleiner Teil direkt ins Objektiv hineinstrahlt. So lassen sich in Verbindung mit Belichtungsreihen und meinem „Fingertrick“ immer wieder interessante HDR-Aufnahmen erstellen.
Um einen Eindruck von den Dimensionen der Felswände zu bekommen, habe ich meine D800E an den „Straßenrand“ gestellt und sie alle 10s ein Bild machen lassen. Während sie vor sich hin geknipst hat bin ich die Straße hinunter gelaufen und habe mich ganz hinten (wo die Sonne scheint) in die Kurve gestellt. Wer mich in diesem Bild findet hat einen Preis verdient, ich bin nur einige Pixel groß 🙂
Als die Uhr auf 17:30 (5:30 pm) vorgerückt ist packe ich alles zusammen und muss mit Entsetzen feststellen, dass während der kompletten Session das hintere rechte Seitenfenster geöffnet war. Das gesamte Auto ist von innen mit feinem roten Sand eingestaubt. Ohje, da werden die Leute von der Autovermietung ordentlich was mit dem Staubsauger zu tun haben…
Als ich wieder bei der Red Cliffs Lodge eintreffe bin ich vielleicht 3 Minuten zu spät um ein Foto der Gruppe bei ihrer Heimkehr aufzunehmen. Aber auf meinem GoPro-Video kann man die Freizeit-Cowboys noch kurz sehen wie sie die Ranch erreichen.
Nach dem Ausritt ist Sandra wieder der glücklichste Mensch der Welt, auch wenn sie der Meinung ist total verdreckt zu sein und nach Pferd zu riechen. Mir ist das egal, wir beide haben jetzt großen Hunger und wir steuern so direkt wie möglich das örtliche Denny’s Restaurant an. Hier waren wir jetzt schon mehrfach essen. Es geht schnell, schmeckt gut und ist nicht ganz so teuer wie in den „richtigen“ Restaurants. Das Konzept hinter Denny’s ist irgendwie zwischen der richtigen Gastronomie mit Kellnern und gemütlichem Ambiente und einem McDonalds Restaurant angesiedelt. Die Einrichtung ist schlicht aber zweckmäßig und die Kellner sind freundlich und sehr zuvorkommend. Für eine leckeres Abendessen zu Zweit mit Getränken etc. zahlt man inkl. Trinkgeld etwa 30 Dollar, also umgerechnet etwa 22 Euro.
Zurück im Hotel geht es unter die Dusche und den Rest des Abends verbringen wir bei einem lauen Lüftchen zwischen den Bäumen auf der Wiese vor dem Motel. Später am Abend sind es noch 29°C, aber im Schatten der Bäume ist das sehr gut zu ertragen. Etwas nervig sind allerdings die jungen Typen mit ihren getunten japanischen Kleinwagen. Sie bremsen immer wieder fast bis auf Schrittgeschwindigkeit ab um dann mit enormem Getöse auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu beschleunigen. Dazu kommen alle paar Minuten Trupps mit knatternden auf Hochglanz polierten Harley’s vorbei. Zwischendurch ein lautes ATV und der ein oder andere LKW. Von den großen Trucks hört man meist nur ein dumpfes Grollen. Alles in allem ist es direkt an der Hauptstraße in Moab schon ziemlich laut, aber irgendwie auch interessant weil die vorbei fahrenden Fahrzeuge teilweise unglaublich cool aussehen.
Während ich an meinem BLOG schreibe kommt Sandra mit einer Flasche importiertem Jägermeister und kleinen Schnapsgläsern um die Ecke. So kann man es hier echt aushalten. Während ich das eine oder andere Gläschen Jägermeister zu mir nehmen versuchen sehr gestandene Männer die Bremsanlage einer KTM zu entlüften. Sie geben wirklich alles, aber das Set bestehend aus Pumpe und Schläuchen das sie sich besorgt haben scheint nicht wie gewünscht zu funktionieren. Bis tief in die Dunkelheit werkeln sie im Licht ihrer Taschenlampen an dem reinrassigen Cross-Motorrad. Später holen sie noch einen Kompresser dazu. Am nächsten Morgen sind alle Cross-Motorräder wieder weg, es scheint letztlich doch noch geklappt zu haben.
Ich habe die abendliche Zeit nicht genutzt um „MEINEN TRAUM“ von der False Kiva letztlich mit Photoshop zu realisieren. Trotz aller Anstrengungen und Mühen habe ich es nicht geschafft die False Kiva UND die Milchstraße auf ein Bild zu bannen. Also habe ich eine Montage aus zwei separaten Bildern erstellt die so aussieht wie ich mir mein Foto aus der False Kiva seit langem wünsche.
Grundsätzlich sollte es möglich sein ein ähnliches Foto mit nur EINEM SCHUSS zu erstellen. Aber dazu braucht es die richtige Jahreszeit und einen komplett klaren Himmel und vor allem „Neumond“. Denn sobald der Mond den Himmel erleuchtet ist es viel zu hell um die Milchstraße sehen zu können. Da ich hier leider keine 6 bis 12 Monate verbringen kann um dieses Foto „an einem Stück“ aufzunehmen muss vorerst (??) diese Fotomontage genügen. 🙂
Nach einer Flasche Bier und einigen Gläschen Jägermeister habe ich schließlich die richtige „Bettschwere“ und verzichte für heute auf ein nächtliches Abenteuer. Der anstrengende nächtliche Ausflug zur False Kiva steckt mir zudem noch tief in den Knochen.