In den letzten Tagen hatte es der Wetterbericht schon angekündigt und nun ist es tatsächlich soweit, wir sind in Escalante und haben schlechtes Wetter. Am Morgen beim Frühstück sieht der Himmel noch ganz ordentlich aus, aber als wir mit dem Frühstück fertig sind beginnt es schon zu regnen. Ich schraube schnell meine GoPro samt Unterwassergehäuse auf meinen „Kitchentimer“ und positioniere das Konstrukt auf dem Dach unseres Mietwagens. So nimmt die GoPro etwa 15 Minuten lang alle 3 Sekunden ein Foto auf, das ich später mit dem Programm „Time-Lapse“ auf meinem Mac zu einer Zeitraffer-Sequenz zusammenfügen kann.
Als sich mein kleiner Küchen-Wecker um etwa 100° gedreht hat wird der Regen langsam stärker. Schnell rette dieses schier unglaubliche Panorama-System vor der Überflutung. Während es draußen regnet schauen wir uns die Fotos der letzten Tage an. Im Fernsehen läuft ein alter Western mit vielen bekannten Gesichtern. Als der Regen langsam aufhört klingelt unser Telefon, wir haben Besuch. Hey cool, unsere Freunde Angenie und Peter aus Idaho sind da! Viel Zeit haben sie leider nicht. Da alle Motels im Umkreis ausgebucht sind und sie nicht viel länger ausschließlich mit ihrem 4×4 Wohnmobil unterwegs sein wollen, sind sie gekommen um sich von uns zu verabschieden. Wir unterhalten uns noch eine Weile über die weiteren Pläne und dann machen sie sich wieder auf den Weg nach Norden und Richtung Idaho.
Weil der Himmel nun etwas heller ausschaut packen Sandra und ich nun unsere Sachen und fahren in Richtung Devils Garden. Das ist ein Areal auf der südlichen Seite der HITRR (Hole In The Rock Road) das ganz einfach zu erreichen ist. Nach etwa 45 Minuten kommen wir etwas eingestaubt und ordentlich durchgerüttelt dort an. Schnell zücken wir unsere Kameras und machen uns an die Arbeit, denn am Horizont hängen schon die nächsten schweren dunklen Wolken. Kaum haben wir einige Fotos auf den Speicherkarten untergebracht beginnt es auch schon wieder zu regnen. Eine Weile suchen wir in der Nähe des berühmten Metate-Arch Schutz und einem felsigen Überhang. Als es uns zu langweilig wird huschen wir durch den Regen schnell zurück zum Auto.
Wanderungen jeglicher Art werden uns heute keine Freude bereiten und so beschließen wir zurück nach Escalante zu fahren. Beim Outfitters halten wir an und gönnen uns einen Kaffee und etwas zu Essen. Sandra bestellt ein famoses Tunfisch-Sandwich mit einem gemischten Salat, ich entscheide mich mal einen besonderen Beeren-Kuchen zu versuchen der in einer kleinen Suppentasse gebacken wurde. Er steht in der Kühlung und bevor ich mich darüber her machen kann, wird er eine ganze Weile in einem Ofen aufgewärmt. So erhalte ich nach ein paar Minuten den ersten warmen Beerenkuchen meines Lebens aus einer kleinen Suppentasse. Er schmeckt himmlisch gut!
Während wir unser Essen genießen surfen wir wie alle anderen Gäste auch ein wenig mit unseren Smartphones im Internet, schließlich wollen wir nicht unangenehm auffallen und außerdem müssen wir uns dann auch nicht unterhalten. Als ich mit meinem Kuchen zu 56% durch bin flackert plötzlich das Licht mehrmals und dann wird es ganz still und etwas dunkler. Keine Musik, keine Klimaanlage, kein Radio, kein Pizzaofen, keine Kasse, keine Kühltheke, kein Internet, immer noch keine Gespräche…
Die sichtlich genervte Kassiererin ruft nur aus „Oh my god, welcome to Escalante…“ Mit der letzten Hitze des Backofens kann der Koch noch zwei Pizzen zubereiten. Sandras Sandwich hatte er schon kurz vorher im Ofen gehabt. Nach ein paar Minuten kommt er schließlich aus der Küche und sieht etwas ratlos aus. Zwei hungrige Wanderer haben sich eine Pizza bestellt, aber ohne Strom kann sie nicht gebacken werden. Doch das junge Paar am Nachbartisch erkennt den Ernst der Lage und so teilen sie sich die letzte Pizza die der Ofen noch hergegeben hat. So ist das hier im Südwesten der USA, hier wird nicht lange herumgemacht, hier hält man zusammen und hilft sich gegenseitig!
Die Kellnerin macht sich mit Papier und Kugelschreiber daran zu notieren wer was auf dem Teller hat und was letztlich zu bezahlen sein wird. Als wir später unseren Zettel erhalten gehen wir damit zur Kasse die auch nicht mehr funktioniert. Dort sitzt ein junge Frau die sehr gelassen mit der Taschenrechner-App auf ihrem Smartphone ausrechnet was wir zu bezahlen haben.
Als wir im Motel eintreffen ist dort auch alles dunkel. Es gibt keine Heizung, kein Fernsehen, kein heißes Wasser in der Dusche, uns bleibt nur der Strom der Akkus unserer Notebooks. Als diese schließlich auch erschöpft sind versuchen wir mal wieder miteinander zu sprechen und siehe da, es klappt noch! Wir haben es nicht verlernt, trotz der Segnungen durch Facebook, Twitter, Google+, WordPress, flickr, 500px und was es nicht alles sonst noch auf der Welt gibt. Oder vielleicht sollte ich sagen: „…außerhalb von Escalante gibt“ 🙂
Irgendwann am Abend ist schließlich der Strom wieder da. Bei SyFy läuft auch sofort irgend ein Unsinn mit Piranhas aus grauer Vorzeit und statt zu Reden kann ich wieder still und leise diesen Artikel veröffentlichen, das Leben kann so schön sein 🙂