Als unser letzter Tag in Arizona anbricht sind wir von der Hitze der Nacht noch ziemlich fertig. Am Tag zuvor wies das Thermometer in der Spitze satte 33°C aus und da die Betten in den amerikanischen Motels fast immer direkt neben der Klimaanlage stehen, haben wir sie über Nacht ausgeschaltet um nicht krank zu werden. Außerdem rattern diese Dinger so unerträglich laut, dass ich dabei kaum schlafen kann.
Reichlich verschlafen geht es unter die Dusche und wie an jedem Morgen funktioniert das „Wunder des Wassers“ auch heute. Um kurz nach 8h sind wir auf dem Weg zum Denny’s, der etwas außerhalb der Stadt gegenüber des Golfplatzes gelegen ist. Hier bestellen wir uns ein leckeres Frühstück, wobei ich sagen muss, dass ich nach rund 4 Wochen in den USA dieses extrem reichhaltige Frühstück mit Kartoffeln, Ei, Speck und was es sonst noch alles gibt nicht mehr sehen kann. Ein zunehmen größer werdender Teil in mir sehnt sich nach einem ganz normalen Brötchen mit etwas Salat und Käse.
Die Mitarbeiter im Denny’s hier in Page sind heute nicht wirklich auf Zack. In Moab ging immer alles extrem schnell und professionell, hier erscheint das Team unterbesetzt und zudem unerfahren. Während wir sehr lange auf unser Essen warten steht sogar ein amerikanisches Paar auf und will das Restaurant wieder verlassen, weil es mit dem Essen so lange dauert. Doch schließlich wird alles gut und wir werden wieder mehr als satt. Auf dem Rückweg zum Hotel sehne ich trotzdem ein frisches knuspriges Brötchen mit Nutella herbei…
Das Ein- und Auspacken ist inzwischen zur Routine geworden und wir haben es voll drauf in kurzer Zeit alles vom Hotelzimmer in unseren großen Mietwagen zu verfrachten. Während ich die Zimmerschlüssel abgebe kontrolliert Sandra ein letztes Mal alle Ecken und Schubladen. In Moab im Adventure Inn hat sie ihr kleines Lieblingskissen vergessen, etwas ähnliches soll nicht noch einmal passieren. Das Kissen ist fast 40 Jahre alt und es hängen viele Kindheitserinnerungen daran. Der Versand nach Deutschland würde per Luftfracht etc. fast 100$ kosten. Und so sucht sie seit Tagen nach einer Möglichkeit ihr kleines Schmusekissen preiswerter zurückzubekommen.
Während Sandra also einen letzten prüfenden Blick durch unser Zimmer schweifen lässt, treffe ich an der Rezeption im Rodeway Inn den Mitarbeiter der mir im Jahr 2009 mein wirklich voll total allererstes Zimmer in den USA vermietet hat. Er erinnert sich noch an mich, denn ich war im Jahr 2010 und 2011 auch in diesem Motel. Wir unterhalten uns ein wenig und ich freue mich drauf ihn vielleicht im Jahr 2015 erneut zu treffen. Sehr krass ist, dass er sogar noch weiß, dass ich im Jahr 2009 das Zimmer mit der Nummer Two-Tow-One, also 221 bewohnt habe!
So gegen 10h machen wir uns schließlich auf den Weg nach Süden. Die Straße die vorbei am Horse Shoe Bend nach Süden führt ist seit mehreren Monaten wegen eines Erdrutsches gesperrt. Ich kann mir denken wo das Problem ist, es gibt einen kurzen Teil auf dem sich die Straße zwischen einigen Felsen hindurch schlängelt. Wenn hier ein Teil der Fahrbahn abrutscht geht wirklich gar nichts mehr. Aber es ist ja eine Umleitung (Detour) ausgeschildert. Es ist die Straße die nach Lechee führt. Dort habe ich mir im Jahr 2009 den Permitt für die Wanderung am Waterholes Canyon besorgt. Damals bin ich diese Straße aus Spaß ein wenig weiter in Richtung Süden gefahren und sie wurde kurz nach Lechee sehr schnell zu einer Schotterpiste (Gravelroad), so dass ich damals umgekehrt bin.
Umso mehr bin ich heute überrascht, dass diese Straße nun frisch asphaltiert und extrem gut zu befahren ist. Während draußen das Thermometer von anfangs 23°C langsam aber stetig auf 30°C klettert fahren wir gen Süden. Nach etwa 100 Kilometern zweigen wir nach links ab und kurz drauf nach rechts in Richtung Grand Canyon South Rim. Mein GPS habe ich an der Windschutzscheibe befestigt und es zeigt etwa 1.200 Höhenmeter. Die Straße zum Grand Canyon Nationalpark führt stetig moderat bergauf und nach kurzer Zeit haben wir fast 3.000 Höhenmeter erreicht.
Die Luft wird dünner hier oben und als wir den ersten Aussichtspunkt erreichen fällt es mir nicht leicht wegen der großen Höhe und der hohen Temperaturen mit meiner Kamera auf Motivsuche zu gehen. Doch einige Fotos muss ich hier einfach aufnehmen, das ist hier fast ein Pflichtprogramm. Während ich am Abgrund stehe versuche ich einige winzige Menschen in meine Fotos zu integrieren so dass man anhand ihrer Größe, oder vielleicht sollte ich besser „Winzigkeit“ schreiben, wie gewaltig der Grand Canyon hier ist.
Nach dem ersten Fotostopp fahren wir weiter und auf meinem GPS kann ich sehr schön sehen wann und wo wir uns immer wieder der „Abrisskante“ nähern. Es ist extrem viel los und weil die Luft so dünn und die Sonne so unbarmherzig ist, halten wir nur selten und ich gebe mich freiwillig mit einigen wenigen Fotos zufrieden.
Als wir im Grand Canyon Village eintreffen schwinden meine ohnehin geringen Hoffnungen hier ein Zimmer für die Nacht zu bekommen und einige extrem coole Fotos des Grand Canyon zur Sonnenuntergangszeit aufnehmen zu können. Es ist ein echtes Volksfest das hier abgeht. Das Dorf ist komplett gefüllt und als Sandra bei einem der vielen Hotels fragt ob vielleicht jemand abgesagt hat wird sie fast ausgelacht. Die nächsten Zimmer gibt es im etwa 90 Kilometer weiter südlich gelegenen Dörfchen Williams. Das ist die traurige Wahrheit, nun sind wir das erste Mal in unserem Leben am Grand Canyon und ich muss mich mit einigen wenigen Fotos zufriedengeben die ich zur allerbesten Mittagszeit aufgenommen habe. Zähneknirschend beschließen wir direkt nach Las Vegas durchzustarten und den großartigen Grand Canyon in einem der nächsten Jahre entweder im März/April oder September/Oktober zu besuchen.
Bis Las Vegas sind es etwa 600 Kilometer und da wir uns an einer der Futterstationen mit einem gruseligen teuren Burger etwas gestärkt haben, sind wir zuversichtlich diese letzte weite Fahrt mit einem lachenden und einem weinenden Auge absitzen zu können. Also geht es los…
Nach einigen wenigen Kilometern steht rechts im Wald ein junger aber bereits fast ausgewachsener Hirsch. Schnell halte ich an und Sandra und ich zücken unsere Kameras. Dies bleibt natürlich nicht unbemerkt und einige Sekunden später stehen überall Autos herum und der Hirsch ist umringt von Touristen in kurzen bunten Hosen die sich ihre Sonnenbrillen ins Haar gesteckt haben und etwas ungelenk auf ihren Badeschlappen einem Hirsch hinterher laufen während sie am ausgestreckten Arm einen kleinen Fotoapparat halten. Ein sehr witziges Bild! Dass der Hirsch bei alledem ungestört weiter frisst erstaunt mich umso mehr, dieses Tier hat echt de Ruhe weg!
Etwa 100 Kilometer bevor wir in Las Vegas eintreffen zeigt das Thermometer satte 41°C. Im Auto selbst ist es angenehm kühl weil wir seit Stunden in Bewegung sind und in Page ein letztes Mal vollgetankt haben. Als wir den Hoover-Damm passieren kann ich ihn nicht einmal aus dem Augenwinkel sehen, aber die Landschaft drum herum erinnert mich doch sehr an das was ich im letzten Jahr auf La Palma gesehen habe. Überall sind Hügel aus schwarz-brauner Asche, es sieht aus als würden wir ein relativ junges Lava-Feld passieren.
Etwa 20 Kilometer vor Las Vegas ist dann ein Stau, der erste Stau dieser Reise!! In den vergangenen Wochen bin ich über 8.000 Kilometer ohne auch nur eine Minute in einem Stau stehen zu müssen hier mit dem Auto gefahren!! Wir müssen etwa 15 Minuten warten bis wir eine Unfallstelle passieren an der gerade kräftig aufgeräumt wird. Einige völlig demolierte Fahrzeuge werden auf Abschleppwagen verladen und es stehen Leute herum deren Gesichtsausdruck man nicht gerade als „fröhlich“ beschreiben kann. Als wir wieder freie Fahrt haben bin ich irgendwie ganz froh, dass auch in diesem Jahr wieder alles gut gegangen ist. Zwar hadere ich noch immer mit der teuren zusätzlichen „Liability“, also der Aufstockung der Deckungssumme für den Fall eines selbst verschuldeten Unfalles. Aber andererseits wäre es nicht witzig hier versehentlich einen Unfall wie diesen zu verursachen und dann viele Jahre lang die Folgekosten aus dem eigenen Portemonnaie zahlen zu müssen, weil die gesetzliche „Mindestdeckung“ so lächerlich gering ist.
Auf Höhe der Tropicana Avenue ist auch der Flughafen ausgeschildert. Wir müssen nur die Autobahn verlassen, links abbiegen und sind schon fast beim Motel. Doch die Hauptstraßen in Las Vegas sind lang und haben viele Kreuzungen mit zumeist roten Ampeln, so dauert es eine Weile bis wir das Motel 6 erreichen. Dieses Motel ist erst vor einigen Jahren komplett renoviert worden und erhält im Internet noch immer ganz ordentliche Kritiken. Bereits im Jahr 2010 wollte ich dieses Motel ansteuern, bin damals aber versehentlich im gleich nebenan gelegenen „Amerikas Best Value Inn“ gelandet. Das war recht gruselig und heute ist meine Sandra sehr froh, als wir unser zwar kleines aber pfiffig ausgestattetes Zimmer beziehen.
Nachdem wir alles im Zimmer verstaut haben geht es rüber zu Coco’s Restaurant. Es ist nur ein paar Meter weit weg, aber wir haben abends um 20h (8pm) noch immer satte 43°C. Würde nicht ein lauer Wind wehen, es wäre schlichtweg unerträglich. Bei Coco’s Restaurant ist die kleine Mannschaft schwer auf Zack, es ist ein eingespieltes Team und wir haben unser Essen in aller kürzester Zeit auf dem Tisch stehen. Das Restaurant ist sehr angenehm klimatisiert und ich bin sehr froh, dass wir sofort beim ersten Motel ein Zimmer bekommen haben und jetzt nicht lange herumfahren und suchen mussten.
Nach dem Essen gehen wir eine Tür weiter in den Schnapsladen und schauen mal was es dort gibt und tatsächlich finde ich eine Kleine Flasche Jägermeister! Zurück im Zimmer läuft zum krönenden Abschluss sogar bei HBO Teil 3 von Hangover im Fernsehen. Nun bin ich wirklich in Las Vegas angekommen, nach zwei kleinen Gläschen Jägermeister versuche ich zu schlafen. So wirklich klappt es aber nicht und ich bin am nächsten Morgen völlig fertig als ich um kurz vor 6h aufwache und zum Frühstück diesen Artikel schreibe…