Im Gegensatz zu den anderen Kanarischen Inseln hat El Hierro keinen großen „Sockel“. Diese kleine Insel ist vielmehr die Spitze eines gewaltigen Berges die ganz oben aus dem Meer herausragt. Nur wenige Meter vor El Hierro ist der Atlantik bereits viele hundert Meter tief. Diese kleine Insel hat im Gegensatz zu Inseln wie Teneriffa keine wirklich tiefen Schluchten (Barrancos). Somit ist die Insel aus der Sicht eines Motorradfahrers recht übersichtlich. Es gibt in der Mitte einen einzigen hohen flachen Berg der meist bis in die Wolken hineinragt, sie aber nicht zu durchdringen vermag. Über den Wolken ist man daher auf El Hierro sehr selten.
Die wenigen Straßen die es gibt führen mit vielen Kurven hinab zum Meer, allerdings nur wo dies auch möglich ist. Weite Teile der Küste sind zu steil und zu hoch um dort Straßen zu bauen und daher nur mit einem Schiff oder zu Fuß erreichbar. Wegen der enormen Höhenunterschiede können Wanderungen hinunter zum Meer extrem kräftezehrend ausfallen.
Die Überfahrt von Teneriffa nach El Hierro war für mich mehr als problemlos. Es war erst das zweite Mal, dass ich mit meinem Motorrad auf einem Fährschiff war und es war echt problemlos. In den kommenden Monaten werde ich noch viele Male von einer Insel zur nächsten übersetzen. Während der groben Planung meiner Reise hat mir dies arges Kopfzerbrechen bereitet, was sich nun aber als völlig unbegründet herausstellt.
An meinem ersten Morgen auf El Hierro wird erst einmal so richtig lang ausgeschlafen. Später gibt es im Restaurant unten vor meinem Appartement ein kleines Frühstück. Später sitze ich sehr entspannt in der Sonne auf meinem kleinen Balkon hoch oben über dem Garten der Apartamantos Frontera. Mein kleines Appartement ist recht gut eingerichtet. Es gibt eine kleine Küchenzeile und sogar alles was man an Geschirr so braucht. Lediglich etwas Spülmittel und ein Spülschwamm fehlen, aber das kaufe ich später im Supermarkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
So gegen 13h mache ich mich auf den Weg mit dem Motorrad diese kleine Insel ein erstes Mal zu erkunden. Einige Tage zuvor habe ich Alberto und seine Frau Montse beim Dreh des Videos für Ulla Oswald hoch oben in den Bergen Teneriffas kennengelernt. Die zwei waren an diesem Tag mit der Fähre aus Huelva heimgekehrt nachdem sie mehr als zwei Monate lang durch Europa bis hinauf zum Nordkapp gefahren waren.
http://youtu.be/FjagNLsPT2E
Im Restaurant El Portillo haben wir damals unsere Kontaktdaten ausgetauscht und die beiden haben sich dann auf den Weg nach El Hierro gemacht. Heute will ich mal schauen wo sie wohnen und falls ich sie daheim antreffe ganz mal kurz „Hallo“ sagen. Mein TomTom führt mich diesmal fast bis vor ihre Haustüre. Allerdings haben sie die Hausnummer 17a, welche das TomTom nicht kennt. Ich muss also eine recht abenteuerliche Straße auf und ab fahren um die Hausnummer 17a zu finden. Aber es ist kein Problem, denn die beiden sind daheim und haben mein Motorrad schon gehört. Nachdem ich mein Moped auf der schmalen Straße gewendet habe, winkt mir Alberto schon fröhlich zu.
Die zwei wohnen schon viele Jahre auf El Hierro und haben sich nach dem ersten Jahr ein fast 200 Jahre altes Kanarisches Haus hergerichtet. Sie haben eine Garage und einen kleinen Vorratsraum angebaut, eine Küche haben sie auch ergänzt. So ist aus einer ehemaligen Ruine ein sehr uriges kleines Haus geworden, das zu einem großen Teil in den Fels hinein geschlagen wurde und das man von der Straße kaum wahrnimmt, weil es sich sehr harmonisch in die Natur integriert. Im großen Garten gibt es Hühner und allerlei Gemüse. Alberto zeigt mir seien Kartoffeln, Auberginen, Zitronen, Orangen, Birnen, es fehlt eigentlich an nichts. Der Boden ist fruchtbar und die zwei können sich zu einem großen Teil mit Gemüse aus dem eigenen Garten ernähren.
Nachdem wir einen Kaffee getrunken haben, beschließen wir eine kleine Runde mit unseren Motorrädern zu fahren. Alberto will mir ein wenig seiner geliebten kleinen Insel zeigen.
So geht es auf meist gut ausgebauten Straßen von einem Aussichtspunkt zum Nächsten. Immer wieder halten wir an und ich mache einige Fotos mit meinem Smartphone.
Am späten Nachmittag treffen wir am südlichsten Zipfel der Insel ein. Hier gibt es einen niedlichen kleinen Ort mit dem Namen La Restinga. Beim Bier gleich neben dem Hafenbecken checken die beiden ihre E-Mails. Daheim haben sie weder einen Internet-Zugang, noch funktionieren dort ihre modernen Smartphones. So leben sie fast komplett ohne Facebook & Co und es scheint sehr gut zu funktionieren.
Als die Sonne tief steht machen wir uns auf zu einem kleinen Aussichtspunkt der im Süd-Westen der Insel liegt. Die Landschaft erinnert mich sehr an das was ich aus La Palma kenne. Überall liegt junge Lava herum, es gibt nur wenige Pflanzen und dazwischen einige kleine Häuser die aussehen als hätten sie nur einen Raum. Wahrscheinlich werden sie nur in den Pausen genutzt während auf dem umliegenden kleinen Feldern gearbeitet wird.
Weil das Licht genial ist, hole ich endlich mal wieder meine Fuji X-T1 mit dem XF 18-55mm und einen Polfilter hervor. Eigentlich müsste man noch etwas warten bis die Sonne tiefer steht, aber das will ich meinen Freunden nicht antun. So erkläre ich nur kurz wie ich mir hier das perfekte Sonnenuntergangsbild vorstelle und wie ich meine Kamera aufstellen würde. Um dies zu verdeutlichen mache ich schnell ein kleines „Beispielfoto“, einfach aus dem Handgelenk, ganz ohne Stativ oder sonstige Hilfsmittel. Nur schnell das Display ausklappen, eine kurze Kniebeuge machen und schon ist es fertig…
Später werde ich daheim im Hotel recht verzückt über dieses eine Foto sein. Die Spiegelung des Himmels im Wasser, die Farben, die Ruhe, für mich ein perfektes Foto.
Vom Süden der Insel geht es im letzten Abendlicht zurück zu Hotel. Alberto und Montse fahren voraus, sie wollen noch im Supermarkt um die Ecke etwas einkaufen. Es geht auf einer gut ausgebauten kurvigen Straße den Berg hinauf, wir fahren durch einsame Nadelwälder und erreichen bald einen Nebelwald, der mich sehr an das Anaga-Gebirge auf Teneriffa erinnert. Kurz bevor wir beim Hotel eintreffen, halten wir an und genießen den herrlichen Blick auf die krasse Steilküste im Norden der Insel.
Ich bin hin und weg, das sieht einfach nur cool aus. Es ist ein wenig wie die riesige Caldera de Taburiente auf La Palma, allerdings nicht so weit geschlossen. Es ist mehr wie die Hälfte einer gewaltigen Suppenschüssel. Im Sommer schafft es die Sonne um den westlichen Zipfel der Insel herum und das Farbenspiel über, auf und unter der steilen Klippe ist beeindruckend. Hier werde ich mich an den nächsten Abenden noch mit meiner Kamera herumtreiben und hoffen, dass es ähnlich genial aussehen wird wie heute.
So geht mein erster Tag auf El Hierro zu Ende. Die Insel ist nicht wirklich groß, es gibt aber viele schöne Ecken und wer ernsthaft mit einer Kamera unterwegs ist, der kann hier sicher viele Wochen auf der Suche nach den besten Motiven verbringen. Am nächsten Tag werde ich einige andere Ecken der Insel allein erkunden und am übernächsten Tag werden wir uns um 10h bei Alberto und Montse treffen. Vor dort aus wollen wir eine kleine Fotosafari starten und am Abend gemeinsam grillen. Darauf freue ich mich sehr, denn der Grill der beiden ist aus Lava-Steinen gemauert und ebenfalls sehr urig anzuschauen.
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