Es ist 04:30 als die Wecker läuten. Erst mein iPOD, kurz drauf fängt das GPS auch an zu quaken – Aufstehen – Sonnenaufgang im Bryce Canyon! Es fällt entsetzlich schwer…
Aber wir schaffen es!
05:00 – das Auto ist gepackt, alles Schubfächer sind noch einmal kontrolliert. Die Schlüssel lassen wir im Zimmer und ziehen einfach die Türe hinter und zu. Es ist unser Abreisetag in Escalante. Schweigend fahren wir durch die Nacht. Wir sind ganz allein, das Thermometer am Auto zeigt -3°C – es ist echt kalt. Ich habe mich wie eine Zwiebel angezogen – Unterhemd – Trekkinghemd – Fleece-Pullover, Fleece-Jacke, Fleece-Weste, Goretex-Jacke. Das sollte reichen! Auf dem Rücksitz liegen zwei Fleece-Handschuhe und eine Fleece-Mütze. Da muss man aufpassen nicht “weg zu fleecen” – kleiner Scherz 🙂
Die Scheinwerfer unseres Jeeps leuchten die Straße gut aus, wir fahren mit Tempomat mit etwa 60 mph durch die Nacht. Keine Lichter im Rückspiegel, kein Gegenverkehr, wir sind völlig allein. Sandra schläft eigentlich noch, ich irgendwie auch, es ist eine sehr introvertierte Stimmung. Als wir durch Henrieville fahren steht tatsächlich ein geparktes Auto auf dem Seitenstreifen – ohne Licht. Es ist das einzige Auto das wir bis zum Bryce Canyon sehen werden – fast unwirklich das alles.
Als wir im Bryce Canyon ankommen ist es etwa 6 Uhr. Die Kassenhäuschen sind noch geschlossen, alles ist dunkel und menschenleer. Wir fahren am Kassenhäuschen vorbei und ich überlege welcher Punkt wohl der beste sein wird? Der Bryce Canyon ist fast völlig nach Osten gerichtet. Es gibt einen so genannten Sunset-Point. Eigentlich kann es den so richtig gar nicht geben, da der Canyon zum Sonnenuntergang eigentlich immer komplett im Schatten liegen müsste. Aber egal, am Sunset-Point startet der Navajo-Trail-Loop. Das ist vielleicht gar nicht schlecht. Sobald die Sonnen den Horizont überquert hat könnte ich in den Canyon hinabsteigen und so den Sonnenaufgang gleich mehrfach erleben, bzw. verlängern.
Wir halten auf dem Parkplatz. Ich schnappe mein Stativ und meinen Fotorucksack. Die Mütze auf dem Kopf und die Kapuze noch darüber marschiere ich die paar Meter zum Rand des Canyons. Ich bin ganz allein. Sandra ist müde und ihr ist kalt. Sie bleibt erst einmal im Auto. Ich baue alles auf. Im Wal*Mart in Page habe ich mir eine kleine schöne blaue MAG-LITE-Taschenlampe gekauft. Ich lege sie auf einen der gemauerten Begrenzungspfosten. Während die Lampe die Szenerie erhellt setze ich schnell alles zusammen und wundere mich insgeheim wie gut inzwischen eigentlich jeder Handgriff sitzt. Eigentlich bräuchte ich die Lampe gar nicht, das habe ich nun seit Jahren so oft gemacht, es geht wirklich mit geschlossenen Augen. Um 06:10 bin ich ‘schussbereit’. Ich mache ein paar ‘Orientierungsfotos’ um zu sehen ob der Ausschnitt stimmt. Er stimmt natürlich nicht! Ich wandere also ein wenig am Rand des Canyons auf und ab. Dann scheint es ganz gut zu sein. Das erste Morgenlicht erhellt bereits den Horizont. Hinter mir geht gerade der Vollmond unter. Schade, dass man das so selten zusammen auf ein Foto bekommt.
Der Wetterbericht hat die –3°C vorausgesagt. Es sollten ‘gefühlte’ -7°C sein – mir kommt es wie -14°C vor… Praktisch ist der Kabelauslöser. Ich stehe leicht wippend neben dem Stativ und warte. In der rechten Jackentasche die Hand im Handschuh mit dem Kabelauslöser. Ab und zu schieße ich eine kleine Belichtungsreihe. Dann um 06:43 schaut die Sonne endlich über den Horizont. Ich lasse die D300 vor sich hin klappern. Sie macht 9-fach Belichtungsreihen mit Variation der Belichtungszeit, ISO-100, Blende 11, 1/4000s als Startwert mit einer Blende Unterschied. Der so eingefangene Tonwertumfang ist gigantisch. Auf den kurz belichteten Bildern ist die Sonne ein klarer scharfer winziger Punkt. Auf dem lange belichteten Bild sind alle Strukturen im Vordergrund klar und deutlich zu erkennen. Später im Motel werde ich mal versuchen ein paar schöne Fotos daraus zusammen zu mixen.
Inzwischen sind viele andere Fotofreaks aufgetaucht. Es gibt alles von der alten Dame bis zum bärtigen “Mann aus den Bergen”. Kleine, große, billige, teure Kameras – man sieht alles was man sich vorstellen kann. Ein älterer Amerikaner will wissen wo der Wanderweg zu Thors Hammer ist – warum bin ich inzwischen besser informiert als die meisten Amerikaner? Ich zeige ihm den Weg und er wandert los.
Als die Sonne etwas höher steht wandere ich ihm hinterher hinab in den Canyon rüber zu Thors Hammer. Gleich links davon steht eine Wand mit zwei großen Löchern. Stellt man das Stativ geschickt auf so scheint die Sonnen hindurch und man bekommt Thors Hammer auch mit auf das Bild. Ich mache eine Belichtungsreihe nach der anderen. Irgendwann will ich mal schauen wie sie aussehen aber das Display zeigt nichts an. Hm, ich schalte die Kamera aus, ein, aus, ein, drücke hier und da, Batterien raus, rein, ein, aus, ein – nichts tut sich. Oh nein, die D2x ist nach dem Sturz schrottreif, nicht auch noch die D300. Ziemlich gefrustet mache ich kehrt und wandere hinauf zum Auto. An einer der Kehren versuche ich es noch einmal und sie geht wieder. Was war denn das? Die Kälte?? Egal, sie geht wieder und ich kann noch einige Bilder machen.
Oben am Rand des Canyons lerne ich dann Marilyn Brown und ihren Mann kennen. Sie fotografiert im Großformat mit einer 4×5” Kamera. Wow! Wir unterhalten uns eine ganz Weile. Dann fällt mir ein, dass ich meinen iPOD dabei habe. Da sind ein paar Bilder vom letzten Jahr drauf. Ich kann ihnen viel Tipps geben. Sie kommen aus Kalifornien und sind erst am Vortag angereist. Wir tauschen E-Mail-Adressen aus und ich bin sehr gespannt auf ihre Fotos.
Ihre Web-Seite ist vielversprechend: http://www.marilynbrownphotography.com
Um 07:55 steht die Sonne so hoch, das wir den Park verlassen. Als wir am Kassenhäuschen vorbei fahren wird es gerade aufgeschlossen, wir haben wieder ein paar Dollar gespart 🙂
Es geht nach Tropic im Osten des Canyons. Dort gibt es ein nettes Restaurant das ich letztes Jahr zusammen mit Wolfgang entdeckt habe. Dort gibt es einen Blaubeer-Pancake für mich und ein Omelette mit Hash-Browns für Sandra. Alles sehr lecker! Danach geht es im frisch voll getankten Jeep in Richtung Süden. Kurze Zeit später merke ich, dass wir falsch sind! Die Cottonwood Road mündet nicht in Tropic auf den Highway 12 sondern in Henrieville! Egal, wir haben eine kleine Offroad Strecker erkundet. In Henrieville biegen wir ab nach Süden. Eine halbe Stunde später sind wir im Kodachrome Basin Statepark. Der Eintritt kostet 6 Dollar und wir bekommen eine kleine Karte. Es geht kreuz und quer durch den kleinen Park. Schön ist es hier und wir beginnen zu verstehen warum hier früher so viele Western gedreht wurden. Es ist ein Basin – also eine Senke. Egal wo man ist, man hat nie einen langweiligen Hintergrund. Überall sind Felswände, Gesteinsformationen und Bäume. Richtig cool ist das! Man schwenkt um 90 Grad zur Seite und niemand im Kino wird bemerken, dass John Wayne gar nicht 100 Meilen weit durch die staubige Wüste geritten ist – Genial!!
Gegen Mittag fahren wir zum Grosvenor Arch. Dort gibt es nicht nur viele viele Fotos sondern auch etwas zu Essen und zu trinken. Dann geht es weiter über die Cottonwood Road in Richtung Süden zum Highway 89. Diese Strecke kenne ich aus der anderen Richtung und sie ist heute wunderbar. Der Himmel ist übersät mit kleinen Wölkchen und die Cottonwood-Bäume leuchten in saftigem frischen Grün. So hatte ich es mir erhofft – genau SO!
Am Highway 89 angekommen rauschen wir am Toadstool Hoodoo vorbei in Richtung Kanab. Diesen Hoodoo wollte ich auch noch besuchen, egal man schafft einfach nicht alles. Ein paar Meilen biegen wir statt dessen rechts in Richtung Paria Movie Set ab. Der Weg ist anfangs sehr gut, wird aber sehr schnell echt schwierig, sehr holprig, schmal und sandig. Wolfgang hatte es mir ja im letzten Jahr schon erzählt. Er hatte mal wieder recht! Irgendwann ist die Dirtroad zu Ende, vor uns liegt ein kleiner Flusslauf und der hat richtig viel Wasser. Hier soll das Movieset sein – hä?? Dann sehen wir weit weg auf der anderen Seite EIN verfallenes kleines Häuschen, das scheint es zu sein. Movieset – eine maßlose Übertreibung – wir sind enttäuscht. Es geht zurück, den Rundweg können wir nicht nehmen, das geht nur mit dem Pferd weil man den Bach mehrfach kreuzen muss.
Am Highway angekommen geht es weiter in Richtung Kanab und dann später in Richtung Hurricane. Dort wollen wir uns ein Motel suchen. Unterwegs schlafe ich fast ein, ich sitze nun fast 13 Stunden am Lenkrad. Sandra quatscht mich wach – ich erfahre alles was ich noch nicht über Pferde, ihre Aufzucht, Pflege und Haltung wusste! DAS HÄLT ECHT WACH 🙂
In Hurricane angekommen kann sich Sandra an nichts mehr erinnert. Klar doch, sie hat es auf dem Hinweg verschlafen 🙂 Ich bin ja der Fahrer ;-] Im Zentrum sehen wir das Rodway Inn, Sandra springt kurz raus um zu fragen ob wir zwei Tage bleiben können. Klar doch, gar kein Thema. Inkl. aller Steuer kostet das 131 Dollar. Wir haben ein riesiges Zimmer, mit Küche, Kühl-Gefrierkombi, E-Herd, Mikrowelle und zwei gewaltigen Betten. Ein Tisch zwei Stühle und viel viel Platz. Hier könnte man es länger aushalten!
Wir packen schnell das Auto leer und d ann geht es nach nebenan, dort haben wir auf der Durchfahrt einen Mexikaner gesehen.
http://www.baristasdiner.com
Drinnen angekommen gibt es keine Speisekarte. Es gibt einen gut trainierten Kellner der uns erklärt was wir essen könnte. Mann ist das schwierig, mir fällt mal wieder auf, dass mein technisches Englisch viel besser ist als das ‘alltägliche’. Als er anfängt die Sorten an Fisch, Gewürzen, Salaten, Nüssen und Früchten aufzuzählen komme ich echt ins schleudern. Irgendwann haben wir es aber. Sandra bekommt ein großes Lachssteak das in einem Salat liegt. Obendrauf sind in Honig gebratene Früchte und Nüsse, das sieht alles sehr gut aus. Ich esse nur einen einfachen Burger mit Curly Fries. Der Burger ist super und Sandra schwärmt von ihrem Salat. An den Wänden haben andere Gäste mit einem dicken Filzstift kleine Sprüche hinterlassen. Dort stehen Dinge wie “Best Burger I ever had – Brad 2009-04-05”
Als der Kellner meine Dr. Pepper auffüllen will frage ich ihn aus Spaß ob er uns nachdem Sandra aufgegessen hat einen Filzstift geben kann, damit sie auch auf die Wand schreiben kann wie gut ihr Salat war. Eigentlich war es als Witz gemeint. Aber meine Witze versteht nicht jeder. Der Kellner bringt uns tatsächlich einen dicken Filzschreiber 🙂 Nun muss Sandra einen Platz an der Wand aussuchen und einen Spruch aufschreiben. Sie schreibt auf Deutsch und Englisch. Der Inhaber kommt dazu, er staunt, das ist der erste Spruch an einer seiner Wände den er nicht lesen kann. Die Handschrift lobt er sehr. Dann fällt ihm auf, dass wir mit ihm seine Sprache sprechen er aber kein einziges Wort Deutsch spricht. So ist das eben, ich spreche auch kein Türkisch :-]
Dann die Frage ob wir noch Eis oder Espresso möchten. Wir sind völlig am Ende uns wollen nur noch auf den Arm, also frage ich nach der Rechnung. Die Rechnung kommt auch prompt und ich staune nicht schlecht. Mit ein paar Dollar Trinkgeld sind es 80 Dollar. Für einen Salat, einen Burger mit Fritten, zwei Dr. Pepper und eine Mexikanische Cola – hoppla!
Damit hatte ich nicht gerechnet – wir bezahlen und gehen. Hui, das kann man sich nicht jeden Tag leisten.
Im Motel dann kurz bloggen und danach nur noch schlafen…
Hier noch schnell die Track-Auswertung – Man beachte die Höhendifferenzen!!
Hier gibt es das KMZ zum selbst anschauen mit Google-Earth.
Und hier ist die Diashow des Tages.
Und mein ganz persönlicher Favorit 🙂