Es ist der Abend vor der Abreise nach Teneriffa, noch einmal schlafen und dann am Samstag ganz entspannt um 11h25 mit Germanwings nach Teneriffa fliegen. Für das Abendprogramm haben wir uns via Apple TV den Film „Pacific Rim“ ausgesucht. Es ist ein ziemlicher Action-Kracher und die Bilder sind beeindruckend. Alles wirkt als könnte es real sein, wenn da nicht diese gewaltigen Roboter und die Monster aus der Unterwelt wären. Noch heute erinnere ich mich an meinen ersten Kinofilm. Es war „Godzilla“ und damals gab es in meiner Heimatstadt noch ein winziges Kino. Die Vorstellung war am Sonntagnachmittag nach der Kirche und das Kino war so voll, dass einige Zuschauer auf Cola-Kisten sitzen mussten. Das ist fast 40 Jahre her und seit dem hat sich vieles verändert. Die kleinen städtischen Kinos gibt es nicht mehr und die etwas unbeholfen dahin wackelnden Monster sind auch ausgestorben. Damals wurden die Filme noch mit Stop-Animation produziert. Die Kamera stand still und die Monster auch. Es gab Animateure die den Figuren Leben einhauchten und nach jeder kleinen Bewegung wurde ein neues Bild gemacht. Da diesen Bildern jegliche Bewegungsunschärfe fehlte wirkte der Gang der Monster so herrlich unnatürlich. Aber irgendwie haben wir uns als Kinder trotzdem gegruselt.
Doch diese Zeiten sind schon lange vorbei, heute werden die Monster am Computer modelliert und wirklich gefilmt wird auch nichts mehr. Der gesamte Film „Pacific Rim“ ist einer völlig digitalisierten Welt entsprungen und das Ergebnis ist rein visuell betrachtet atemberaubend.
Über die Story kann man sich streiten, da hat sich nicht wirklich viel verändert, bei der Filmmusik eigentlich auch nicht. Das konnte man vor 40 Jahren schon fast so gut wie heute. Allerdings hat sich der Stil der Filmmusik mehr als verändert. Und während ich versuche die letzten Stunden bis zum Abflug etwas zu schlafen gehen mir die cineastischen Ohrwürmer des Films durch den Kopf. Die Musik zu Pacific Rim stammt aus der gleichen Feder wie die Titelmusik zur HBO Serie „Game of Thrones“ und sie ist ähnlich eingängig.
Als wir am Morgen wach werden ist meine Sandra ziemlich gerädert. Ich habe wieder einmal geschnarcht was das Zeug hält und fühle mich selbst keinen Deut besser. Es gibt frischen Kaffee und eine der letzten Portionen meines starken Antibiotikums das mir helfen soll die Folgen einer fiesen Lungenentzündung zu überwinden. Unsere Koffer stehen fertig gepackt vor der Haustüre. Gegen 9h wählen wir die 555 555 und einige Augenblicke später ist auch schon ein Taxi zur Stelle. Am Vorabend habe ich geschaut was es kosten würde mein Auto für drei Wochen am Kölner Flughafen abzustellen und dabei festgestellt, dass ein Taxi deutlich billiger ist. Die Anfahrt zum Flughafen klappt ganz problemlos. Zwar hat der Wetterbericht gefährlichen Eisregen angekündigt, aber davon ist in Bonn nichts zu spüren, es regnet einfach nur in Strömen. Überhaupt scheint dieser Flughafen in den kalten Wintermonaten weniger stark mit Schnee und Eis zu kämpfen zu haben als Düsseldorf oder Frankfurt. In den letzten Jahren waren von diesen Flughäfen am Tag unserer Abreise nach Teneriffa immer wieder gruselige Dinge in den Nachrichten zu hören. Von Köln Bonn sprach hingegen meist niemand.
Als wir am Flughafen eintreffen müssen wir an einem der Schalter von German Wings einchecken. Diese sind zwar gut besucht aber wir müssen nur einige Minuten warten. Sandras Koffer wiegt exakt 20 Kilogramm, mein inzwischen ziemlich zerschundener Koffer kommt auf 18,5 Kilogramm. Das ist ganz ok, was niemand sehen kann ist das Gewicht meines kleinen Kabinen-Trolleys. Es ist ein kleiner Hartschalenkoffer und darin habe ich meinen vergammelten alten Fotorucksack. Wirklich viel ist dort eigentlich nicht verstaut, ich habe eine Nikon D800E, eine D300 (Infrarot 830nm) und 5 Objektive dabei. Dazu Polfilter, Grauverlaufsfilter, Funkauslöser, eben alles was man so braucht. Stativ und Ladegeräte habe ich in meinem großen Koffer untergebracht und trotzdem bringt es mein Fotokoffer auf mehr als 15 Kilogramm! Einen „Kulturbeutel“ im klassischen Sinn habe ich nicht. Im Koffer gibt es weder Shampoo noch einen Rasierer oder ähnliches. Unser Hotel ist ganz in der Nähe eines großen Supermarktes gelegen und der hat sogar sonntags geöffnet. Nach unserer Ankunft im Hotel wird uns der erste Weg zu diesem „Alcampo Villa“ führen. Dort gibt es für kleines Geld alles was wir für den täglichen Bedarf benötigen. Außerdem hat das Hotel eine Waschmaschine und einen Wäschetrockner. Daher habe ich nur eine Handvoll Hemden, Unterwäsche, Hosen und Socken dabei. Im Zweifel kann ich im Alcampo für kleines Geld noch ein paar T-Shirts kaufen, einer der großen Vorzüge dieser Insel. Auf El Hierro, La Palma oder La Gomera sähe das etwas anders aus.
In der Sicherheitskontrolle wartet das Personal schon auf die ersten Fluggäste. Während alle zum Schalter in der Mitte strömen ruft uns ein etwas gelangweilter aber durchaus gut gelaunter Mitarbeiter an seine Kontrollstation. Notebook, iPad, Handy, alles muss raus, aber die Kontrolle verläuft schnell und mehr als problemlos. Während in Frankfurt oder Düsseldorf gelegentlich meine gesamte Fotoausrüstung gecheckt und Feinstaubproben genommen wurden, ist sie in meinem kleinen Rollenkoffer quasi „Incognito“ unterwegs und geht ohne alle Probleme durch den Sicherheitscheck – super!
Als wir am Gate C70 eintreffen ist es eigentlich noch viel zu früh. Aber wie pflegt mein Freund Walter in diesen Situationen zu sagen: „Better safe than sorry“. So ist noch Zeit für ein wirklich leckeres frisches belegten Baguette und ich kann auch noch diese Einleitung zu meinem neuen Reisebericht schreiben 🙂
Im Flugzeug herrscht eine Mischung aus altem Schweiß und verschiedenen zu dick aufgetragenen billigen Parfum-Sorten. Aber der Flieger ist längst nicht voll besetzt und so können Sandra und ich hinter einander sitzen und so beide aus dem Fenster schauen. Neben mir ist alles frei und so habe ich königlich viel Platz, so kann das Fliegen sogar mit German Wings Spaß machen. Der Flug indes ist etwas für Fortgeschrittene. Es holpert was das Zeug hält, wir müssen mitten durch ein ausgedehnte Zone mit schweren Turbulenzen. Aber der Rückenwind hat auch etwas Gutes, wir werden rund 30 Minuten vor der geplanten Zeit auf Teneriffa eintreffen. Im Flugzeug bittet indes der Flugkapitän immer wieder darum die Waschräume nicht aufzusuchen. Als nach einer kleinen ruhigen Phase neue Turbulenzen auftreten ist meine Sandra gerade in einem der Waschräume und es hebt sie fast von der Toilette hoch. Als sie endlich wieder draußen ist, sieht sie um die Nase herum ganz grün aus, so schere Turbulenzen hat sie noch nicht erlebt. Ich kenne das von den vielen Flügen ganz gut und mache mir keine weiteren Sorgen. Dieser Airbus A320 kann viel mehr ab, er sollte sogar einem erwachsenen Gewitter standhalten und dass die Flügel kräftig hin und her wackeln ist genau richtig, denn sonst würde das Flugzeug auseinander brechen. Es ist also ein Grund zur Panik gegeben!
Nach rund vier Stunden Flugzeit taucht der verschneite Gipfel des höchsten Berges der Spanier über den Wolken auf, gleich sind wir zuhause…
Die Landung in Teneriffa fällt indes relativ heftig aus, es herrschen kräftige Querwinde und es gibt ganz ordentliche Windböen. Aber der Pilot bringt uns sicher auf den Boden und ich muss grinsen als andere Fluggäste lautstark überlegen ob der Pilot vielleicht betrunken sein könnte weil er das Flugzeug bei der Landung so hat wackeln lassen…
Während sich meine Sandra um die Koffer kümmert besorge ich uns wieder bei CICAR (www.cicar.com) einen Mietwagen. Das geht blitzschnell, denn die anderen Mietwagenkunden stehen bei den anderen überregional bekannten Autovermietern. Statt des im Internet ausgesuchten Ford Focus bekomme ich allerdings einen Opel Meriva, einen ausgewachsenen Minivan. Als wir an diesem Auto eintreffen bin ich überrascht wie groß er doch ist. Er hat ein paar Schrammen, aber das nehmen die Vermieter hier auf den Kanaren nicht so genau. Das Auto kommt gerade aus der Waschanlage und ist sogar von innen halbwegs sauber. Auf dem Tacho stehen fast 74.000 Kilometer, da hätte ein deutsches Unternehmen dieses Auto längst ausgemustert. Aber hey, rein geographisch gesehen sind wir hier in Afrika und eigentlich muss man froh sein, dass man hier überhaupt für etwa 350,- Euro für drei Wochen solch ein großes Auto mieten kann.
Am Mietwagen ist der Tank komplett leer, da trifft es sich gut, dass gleich am Flughafen eine Tankstelle ist. Der Tankwart ist sehr nett und für 46 Euro bekommen wir 44 Liter Super 95. Das ist mir sogar ein kleines Trinkgeld wert, so dass unsere erste Tankfüllung genau 50 Euro kostet.
Manch einer mag jetzt aufschreien „Was soll denn das, nicht einmal voll getankt das Auto?“ Klar denke ich mir das auch, aber andererseits gibt es so auch keine Abzocke beim Sprit. Ich hole das Auto leer ab und gebe es leer zurück, das ist mehr als fair!
Auf inzwischen alt bekannten Wegen geht es mit dem Mini-Van zum Hotel. Die Fahrt dauert etwa 90 Minuten und ich bin etwas enttäuscht, dass wir unterwegs keine Möglichkeit finden einen meiner USB-Sticks in das Radio einzustecken. Aber das ist kein Beinbruch, dann werden wir uns eben ein paar CD-Rohlinge kaufen und uns einiges der mitgebrachten Musik auf CD brennen. So wird es uns während der kommenden Wochen nicht langweilig werden.
Am Hotel angekommen werden wir schon erwartet, der Check-In geht schnell, wir bestellen uns zwei zusätzliche Wolldecken, zwei zusätzliche Kopfkissen, zwei Tücher für den Pool und einen Schlüsselfür den Safe. Dann noch 7 x 24h Internet für 20 Euro und los geht es in die zweite Etage. Wir haben Zimmer 212, das ist ganz am Ende des Flurs und hinter der Tür verbirgt sich eine Suite die noch größer ist als das was wir schon kennen. Die Zimmer sind wirklich schön groß, es gibt viele Fenster und wir haben zwei getrennte Balkone. Das ist echt cool, wenn mal einer von uns morgens eher wach wird, kann er sich raus setzen und den Morgen genießen ohne den Langschläfer zu stören. Zwar sind die Flachbild-Fernseher in diesem Hotel noch nicht angekommen, aber das kleine „Röhrending“ empfängt mehrere deutsche Fernsehsender, was will man mehr.
Um 18h30 wandern wir zum Abendessen, im großen Saal ist es mehr als voll. Die Mitarbeiter haben sogar die Türen zum großen Festsaal nebenan geöffnet. So verteilen sich die vielen Gäste ganz ordentlich und die Speisen am Buffet werden auch ständig nachgelegt. Es gibt gegrillten Fisch, Paella und vieles mehr. Ich entscheide mir für eine unter kulinarischen Aspekten zumindest „ungewöhnliche“ Mischung aus Reis, Paella, Gemüse, Spanferkel und Spinat. Dazu gibt es ein großes Bier und zum Nachtisch frisches Obst mit Nusseis. So kann man es aushalten!
Das Personal hat seit unserem letzten Besuch im April stark gewechselt, es gibt zwar noch einige bekannte Gesichter, aber die Mehrzahl der Angestellten scheint neu dabei zu sein. Auch sind wir von der Qualität der Speisen mehr als überrascht. Bei meinem ersten Aufenthalt im Jahr 2006 war das Abendessen eher mäßig, so dass ich in den folgenden Jahren immer nur Übernachtung mit Frühstück gebucht habe. Im letzten Jahr haben wir dann erstmals Halbpension gebucht und waren überrascht, dass mit dem neuen Personal eine guter frischer Wind durch die Küche geweht ist. Rein gefühlsmäßig konnte die ohnehin schon gute Qualität nochmals gesteigert werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir es hier in den kommenden Wochen sehr gut aushalten werden.
Nach dem Essen geht es noch kurz an die Bar. Sandra bestellt sich einen Caipirinha und für mich gibt es einen leckeren Baraquito mit den obligatorischen „Vitaminas Canarias“ 🙂
So gestärkt kann die Nacht beginnen. Wir schlafen tief und fest und sind am nächsten Morgen wunderbar ausgeruht und bereit für eine neue Schlacht an der Futterkrippe.
Auch beim Frühstück ist es wieder ziemlich voll, das Hotel ist ausgebucht. Während sich Sandra um Kaffee kümmert und einen Sitzplatz ergattert schaufele ich mir einen Teller voll mit Baked Beans, Bacon, Spiegelei, grünen Bohnen, gebackenen Tomaten, ein Festmahl. Während ich mich an den vielen leckeren Dingen erfreue denke ich an die vielen Jahre die ich tagtäglich im besten Hotel der Welt, im Quartier 65 in Mainz frühstücken durfte. Ganze fünf Jahre lang gab es dort erlesene Köstlichkeiten, gemessen daran ist dieses Frühstück natürlich nur zweite Wahl. Aber es schmeckt mir trotzdem. Während ich im Quartier 65 meist allein oder in kleiner Runde gefrühstückt habe – das Hotel hat nur 6 Zimmer – sind heute geschätzte 300 weitere Gäste anwesend. Uns gegenüber sitzt ein Typ um die 50 mit seiner Mutter. Er hat eine Halbglatze, braunes T-Shirt, kurze braune Trekking Hose, haarige Beine, halbhohe braune Socken, brauche Sportschuhe. Er scheint sich ausschließlich von Apfelsinen zu ernähren. Es gibt sie in rauen Mengen und sie schmecken wunderbar. Während ich mich über einen kleinen Stapel Pancakes mir vier unterschiedlichen Sorten Marmelade hermache schaue ich fasziniert zu wie er mit chirurgischem Geschickt einen mittleren Berg aus Apfelsinen nach und nach seziert. Die Hälften werden zunächst mit der Gabel fixiert, dann in Drittel – also eigentlich Sechstel – geteilt und danach wird das Fruchtfleisch mit gekonnten Schnitten von der Schale getrennt. Seine Mama schaut wortlos zu, ist auch ok denn an allen anderen Tischen wird mehr als lautstark geredet. Als ihr Sohn einen Stapel mit etlichen Apfelsinen verzehrt hat, staune ich nicht schlecht als er aufsteht und mit einer neuerlichen großen Portion Apfelsinen zurückkehrt. Während er mit der Sezierung der Südfrüchte fortfährt, frage ich mich welches Mittel gegen Sodbrennen er wohl täglich einnimmt?
Schließlich kann ich mich von dieser ungewöhnlichen Show losreißen, mir zwei Gläser mit gepresstem Apfelsinensaft holen und die ersten Sonnenstrahlen auf der schönen Terrasse vor dem Speisesaal genießen. Es ist der 15. Dezember und pünktlich um 9h kommt die Sonne hinter dem etwa 2.000 Meter hohen Felsrücken der Insel hervor. So kann man es aushalten. Während wir die Sonne genießen können wir zuhören wie sich drei deutsche Miesepeter über das schlechte Wetter beschweren. Da sind sie extra aus Deutschland hierher gekommen und jetzt ist es am Morgen nur knapp 20°C warm – zum Teufel mit ihnen – es gibt Menschen denen kann man einfach nichts recht machen.
Herr Prof. Dr. Alexander von Humboldt und seine Gattin sind auch in diesem Jahr wieder zugegen. Eigentlich heißt er sicher anders, aber er benimmt sich genau SO! Weißes langes Haar mit gebräunter Platte in der Mitte, langer grauer Bart, Brille, Pullover lässig um die Schultern gelegt, hochnäsiger Blick, mit pfauengleichem Gang stolziert er zwischen den anderen Gästen umher und schleppt einen voll beladenen Teller nach dem anderen heran. Die zwei saßen auch schon im letzten Jahr immer ganz abseits des ordinären Volkes auf der morgendlichen Sonnenterrasse. Ich kann mir das Grinsen nicht verkneifen als er den vierten voll beladenen Teller heranschleppt. Die zwei stapeln das Essen vor sich als gäbe es kein morgen und schieben es dann langsam aber kontinuierlich schweigend in sich hinein. Nicht einmal ein „Aaaaaach waaaat issss daaaat herrrrrlich Marleeeeene“ entweicht dem Gehege ihrer Zähne, still schaufeln sie Eiweiß und Kohlehydrate in ihre sicher gut trainierten Mägen.
So gegen 9h30 haben wir genug gesehen und machen uns auf den Weg in unser Zimmer. Die Zimmermädchen sind schon unterwegs, sie haben heute sicher einen langen Tag, denn das Hotel ist komplett ausgebucht. Von einer Wirtschaftskrise ist hier derzeit nichts zu spüren. Erst vorgestern wurde in den Nachrichten gemeldet, dass die Iren es mit unglaublichen Einsparungen und Kürzungen bei Sozialleistungen, Renten und vielen anderen staatlichen Ausgaben geschafft haben langsam wieder auf die Beine zu kommen. Angesichts der Belegung dieses Hotels kommt mir in den Sinn, dass ja vielleicht auch bald mit Spanien wieder bergauf gehen könnte. Nach einer Krise sieht es hier oberflächlich gesehen jedenfalls nicht mehr aus. Aber warten wir mal ab was unsere Freunde die hier auf der Insel leben zu erzählen haben.
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