Bildrauschen reduzieren

Hier geht es um perfekte Bildqualität mit einfachen Kameras und ganz ohne Photoshop…

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Deutlich sichtbares Bildrauschen bei hohen ISO-Werten, das verdirbt vielen Fotofans den Spaß an Foto unter schwierigen Lichtsituationen. Auch schürt es Bedenken beim Kauf einer preiswerten Kamera oder einer Kamera mit kleinem Sensor. Letztlich greifen viele Fotofans zu Kameras die eigentlich zu teuer, zu groß und zu schwer sind, aber eben Fotos mit wenig Bildrauschen versprechen.

Sind die Umstände nur schwierig genug, können aber selbst teure Profikameras nicht mehr „zaubern“ und nicht die Ergebnisse liefern, die man sich aufgrund des hohen Preises erhofft hat. Letztlich hilft meist nur ein ganz tiefer Griff in die Trickkiste oder eine aufwändige Nachbearbeitung der Fotos mit Photoshop und einem geeigneten Plug-In zur Rauschunterdrückung. Doch nicht jeder Fotoamateur will das Geld für ein teure Photoshop-Lizenz ausgeben und selbst wenn man eine Profisoftware wie Photoshop CS6 zur Verfügung hat, ist der Weg bis zur beeindruckend rauschfreien Nachtaufnahme oft noch weit. Für gute Ergebnisse muss man viel klicken, Photoshop-Makros erstellen, lernen wie die Frequenztrennung funktioniert und vielleicht noch Geld für einen professionellen Rauschfilter wie NIK Define ausgeben.

Doch das alles muss nicht sein! Auch mit kleinen preiswerten Kameras kann man besonders Nachts schöne Bildergebnisse erzielen. Alles was man dafür braucht ist ein Stativ und eine Kamera bei der man möglichst den Autofokus abschalten kann. Hat man sein Motiv gefunden und alles richtig eingestellt, nimmt man einfach mehrere fast identische Fotos des gleichen Motivs auf. Damit nichts wackelt kann man einen Kabelauslöser oder auch einen Infrarot Fernauslöser wie beispielsweise dem Nikon ML-L3 verwenden. Hat die Kamera einen Touchscreen, so kann man sie mit etwas Geschick auch darüber auslösen ohne etwas zu verwackeln. In den zunächst identisch wirkenden Fotos ist das Bildrauschen zufällig verteilt. Dadurch sind auch Kompressionsartefakte in JPG-Dateien relativ zufällig verteilt. Hat man eine Serie von beispielsweise 4 oder 5 Fotos aufgenommen, heben sich Bildrauschen und Kompressionsartefakte bei geeigneter „Kombination“ der Einzelbilder weitgehend auf. So lassen sich mit billigen Kameras Photos aufnehmen, die viel teurer aussehen. Und selbst wer eine teure Profikamera besitzt kann so Ergebnisse erzielen, die weit über das Mittelmaß hinausgehen.

Die Mehrzahl moderner Digitalkameras erlaubt als längste Belichtungszeit 30s. Einige Modelle beispielswiese von Olympus schaffen ohne weiteres Zubehör 60s, aber danach ist auch Schluss. Will man länger belichten muss man entweder spezielle Fernauslöser verwenden oder mehrere lang belichtete Fotos aufnehmen die man später miteinander kombiniert.

Im letzten Jahr habe ich während meiner fünf monatigen Motorradtour viel mit der Fuji X-T1 fotografiert. Oft habe ich nachts den Selbstauslöser verwendet um nichts zu verwackeln. Stellt man an der Kamera den Serienbildmodus ein, so nimmt sie in Kombination mit dem Selbstauslöser immer 5 Bilder auf. Bei der Aufarbeitung dieser Fotos kam es mir in den Sinn mir ein kleines Programm zu schreiben, das mir die Verarbeitung dieser vielen Mehrfachbelichtungen vereinfacht. So habe ich begonnen mit Microsoft Visual Studio in der Programmiersprache C# unter Verwendung der WPF Klassenbibliothek ein kleines Bildbearbeitungsprogramm zu erstellen.

Während der Arbeit an diesem Programm hat es mich ziemlich gepackt und ich habe mich mehrere Nächte mit diversen Algorithmen beschäftigt und das anfangs sehr rudimentäre einfache Programm schrittweise immer weiter ausgebaut. Nach etwa 200 Arbeitsstunden habe ich nun eine erste Version die bereits einiges kann, aber von kein kommerzielles Produkt ist.

Nichts ist schwieriger als einen guten Namen für ein neues Produkt zu finden. In der Industrie beschäftigen sich große Unternehmen damit Namen für neue Autos oder neue Internet-Portale zu erfinden. Das kann ich mir leisten und da es hier eigentlich um Rauschunterdrückung in Fotos geht, kann ich das Programm MSNR-Companion getauft. MS steht dabei für Multi-Shot und NR für Noise-Reduction. Ein Companion ist ein Kumpel der einem bei der Arbeit hilft.

Zur Verarbeitung der Bilder, müssen sie unkomprimiert in den Arbeitsspeicher geladen werden. Soll die Verrechnung mehrerer Fotos schnell ablaufen, muss man alle Bilder parallel im Arbeitsspeicher halten. Bei fünf oder mehr Fotos mit beispielsweise 20 oder mehr Megapixeln ist ein 32-Bit Programm schnell am Ende und es werden Out-Of-Mermory Fehler auftreten. Daher habe ich das Programm für die Nutzung auf 64-Bit Windows Systeme konzipiert. Ist das Programm erst einmal auf einem schnellen 64-Bit Windows PC installiert, macht es richtig Spaß damit zu experimentieren und Mehrfachbelichtungen nach unterschiedlichen Algorithmen zusammenzufügen.

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Bedienung

Die Bediendung ist denkbar einfach. Nach dem Start klickt man auf „Open“ und wählt eine Serie mit Mehrfachbelichtungen aus. Danach werden die Bilder geladen und auf der linken Seite als Vorschaubilder angezeigt. Als nächstes klickt man auf „Merge“. Es öffnet sich ein Dialog, der die Festlegung des zu verwendenden Algorithmus für das „Verschmelzen“ der einzelnen Foto ermöglicht. Nach Bestätigung dieses Dialoges werden die Fotos miteinander verrechnet und das Ergebnis wird angezeigt.

Drückt man nun auf „Compare“, können die Ausgangsbilder mit dem Ergebnis verglichen werden. Die Schaltfläche „Optimize“ öffnet einen Dialog der die Veränderung vieler Bildparameter ermöglicht. Hat man eine gute Einstellung gefunden, kann man sie als „Preset“ speichern, so dass sie bei der nächsten Bilderserie sofort wieder verfügbar ist.

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Beim Verschmelzen werden alle Bilder gleichzeitig Bit für Bit „abgegrast“ um das Ergebnis zu erstellen. Dafür ist es notwendig, dass alle Bilder die exakt gleiche Größe haben. Allerdings müssen sie nicht unbedingt den gleichen Inhalt haben. Sehr schöne Effekte bekommt man hin, wenn man unterschiedliche Bilder geschickt miteinander kombiniert. Im folgenden Beispiel habe ich sieht man einen Merge aus zwei Bilderserien mit jeweils 5 Bildern. Als Algorithmus wurde „Prefer Highlights“ verwendet.

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Funktionsweise

Womit wir bei der Funktionsweise angekommen wären. Derzeit beherrscht das Programm die Algorithmen

  • Standard
  • Prefer Highlights
  • Prefer Shadows

Das folgende Beispiel zeigt die Unterschiede sehr plakativ. Im Modus „Standard“ werden alle Pixel gleichberechtigt zusammengefasst. Das Ergebnis ist das „Artihmetische Mittel“. Daher erscheint das Ergebnis unseres Beispiels sehr blass. Die Ursache ist, dass aus jeder farbie Bildbereich mit jeweils drei gleichgroßen weißen Bildbereichen verrechnet wurde. Das „Weiß“ überlagert hier also gelichberechtigt die farbigen Bereiche.

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Wählt man „Prefer Highlights“, so wird von allen Pixel jeweils das hellste Pixel verwendet. Im Ergebnis hat man bei unserem kleinen Beispiel daher eine komplett weiße Fläche.

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Im Modus „Prefer Shadows“ wird jeweils das dunkelste Pixel übernommen. Weiße Flächen spielen also keine Rolle mehr sobald es etwas gibt was dunkler ist. Das Resultat kann man im folgenden Bild sehen.

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Nicht jeder Algorithmus ist für jedes Bild gleich gut geeignet. Es kommt auch darauf an welche Bildaussage man treffen möchte.

Schauen wir uns eine weiteres Beispiel aus dem echten Leben an. Wir sehen hier einen Fahrradweg neben einer Bahntrasse. Während die Kamera 30s lang belichtet, kommt aus der Ferne ein Fahrrad angefahren. Verwendet man den Standard-Algorithmus, sieht man die Lichtspur der Fahrradlampe im fertigen Bild nur ganz wage.

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Wer dieses Licht als störend empfindet, kann den Algorithmus „Prefer Shadows“ verwenden. Das Ergebnis sieht man im nächsten Gild. Die Lichtspur des Fahrrades ist jetzt vollständig verschwunden.

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Aber es könnte auch sein, dass man gerade diese Lichtspur im Bild haben möchte. Verwendet man „Prefer Highlights“, so wird die Lichtspur der Fahrradlampe vollständig sichtbar.

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Schauen wir uns ein weiteres Beispiel an. Während der Aufnahme der Einzelbilder fuhr hier ein Auto unten rechts ins Bild. Im Modus „Prefer Highlights“ ist seine Lichtspur komplett sichtbar.

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Verwendet man „Prefer Shadows“ ist es plötzlich verschwunden.

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Wer gern mit dichten Graufiltern tagsüber versucht möglichst lange Belichtungszeiten zu erzielen, wird sehr von diesem Programm profitieren können. Allerdings ist es wichtig dass alle Fotos lückenlos zueinander passen. Es sollte also keine Pause geben, weil die Kamera beispielsweise eine Rauschunterdrückung ausgeführt hat.

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Im folgenden Beispiel sieht man im Merge-Ergebnis (unteres Bild) unschöne Stufen. Diese Stufen entstehen dann, wenn die Bilder mit einem zeitlichen Abstand aufgenommen werden und man am Algorithmus „Prefer Highlights“ verwendet. In solchen Situationen liefert „Standard“ die besseren Ergebnisse (siehe oben).

Passen die Bilder jedoch lückenlos perfekt zusammen, lassen sich nahezu beliebige Langzeitbelichtungen erstellen.

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Bildrauschen minimieren

Wer ausschließlich Bildrauschen minimieren möchte, fährt mit dem Modus „Standard“ am besten. Das folgende Beispiel zeigt das Ergebnis von 5 identischen Bildern die bei ISO-160 mit einer Nikon 1J5 aufgenommen wurden. Vergrößert man das Ergebnis, so werden trotz der niedrigen ISO160 leichte Artefakte sichtbar. Betrachtet man das Endergebnis, so reicht die Bildqualität dieser nur 400 Euro teuren Minikamera fast an eine Nikon D500 heran die ein Vielfaches kostet. Der Preis für dieses Plus bei der Bildqualität ist gering, ich habe hier lediglich den Autofokus abgeschaltet und die Belichtung auf Manuell gestellt. Danach habe ich 5x ganz vorsichtig auf das Display der Nikon 1 J5 getippt – fertig…

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Download

Eine allererste Version dieser Software habe ich in meiner Dropbox zum Download bereitgestellt.

Ich hoffe auf reges Feedback!!

Wer Fehler findet oder Änderungswünsche hat, ist herzlich eingeladen hier in einem Kommentar kurz zu beschreiben was nicht geht und was noch fehlt.

Auf meiner eigenen Wunschliste stehen derzeit:

  • Mehrsprachigkeit: Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch
  • Weitere Dateitypen wie BMP, TIFF und PNG
  • Unterstützung für Adobe DNG Format
  • Einbindung von Adobe Camera RAW
  • Einbindung der NIK Collection
  • Verringerung des Speicherbedarfs
  • Schnelleres Merging
  • Batch-Modus für die Verarbeitung vieler Dateien
  • Weitere Algorithmen für das Merging
  • Einstellmöglichkeit für Lichter und Schatten

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1 Kommentar zu „Bildrauschen reduzieren“

  1. Servas Ansgar, gut von Dir wieder zu hören. Wirklich schön was Du alles machst.

    Wenn man an meiner Nikon D800 Multiple Exposure einschaltet kann man bis zu zehn Bilder automatisch machen und daraus wird ein einziges Bild in der Kamera entstehen. Wenn man auch Auto Gain aktiviert unter Multiple Exposure. Diese werden dann in der Kamera bearbeitet und ein Durchschnitt Wert wird von der Kamera gemacht. In diesem einen Bild ist dann das Rauschen wesentlich reduziert. Mit einer billigen Kamera kann man das auch in Photoshop oder Photoshop Elements auch machen. Es wirkt wirklich super. Hier ein link wo mann die Bearbeitung in Photoshop lernen kann.
    https://www.youtube.com/watch?v=amC606SLxCg
    Hier ist die link wo mann lernen kann wie man das in der Kamera macht:
    https://www.youtube.com/watch?v=b3m9k76uf5k
    Ich habe es schon mit beiden Methoden gemacht.
    Nochmals Vergelts Gott
    Gruss da Hansei

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