Das östliche Baskenland

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Am Tag nach dem großen Unwetter will ich weiter in Richtung Bilbao fahren. Dort lockt mich eine Fotosession am Guggenheim Museum. In den letzten Jahren habe ich immer wieder tolle Bilder gesehen und ich freue mich geradezu unbändig auf Fotos dieses grandiosen Bauwerks im letzten Abendlicht. Aber zuerst muss ich mal dorthin.

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Frisch gewaschen und mit nassen Haaren geht es rüber ins Bistro. Zum Frühstück gibt es dort sehr guten Kaffee, frischen Orangensaft und warme Croissants. Das ist wirklich lecker und las ich danach die Rechnung bezahlen darf bin ich überrascht. Das Zimmer kostet nur 30,- Euro die Nacht und das kleine Frühstück nochmals 4,- Euro. Das war die bislang wichtigste und zugleich preiswerteste Nacht der gesamten Reise.

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Das Gewitter hat die ganze Nacht über gewütet und draußen ist noch alles nass. Weil dieser kleine Ort so niedlich ist, laufe ich ein wenig herum und schieße mit meinem Telefon einige Fotos.

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Um ca. 8:30 bin ich wieder unterwegs. Mein Bordcomputer meldet FUEL! FUEL! FUEL! – Ich sollte also bald mal eine Tankstelle finden. Als Ziel des Tages habe ich Bilbao eingegeben. Die nächste Tankstelle die auf dem Weg liegt ist 39,1 Kilometer entfernt. Die verbleibende Reichweite gibt mein Bordcomputer mit 71 Kilometern an. Das sollte also passen.

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Als ich losfahre ich es noch sehr kühl und überall liegen Nebelschwaden über den Feldern. Nach den extrem heißen Tagen der letzten Wochen ist mir diese kleine Abkühlung mehr als willkommen. Zwar sind meine Handschuhe noch nass, aber das wird sich bald ändern, denn nichts trocknet einen nassen Biker besser als schöne Kurven und kühler Fahrtwind.

Die Straße führt mich durch einige traumhaft schöne Abschnitte, es geht durch eine kleine Schlucht, gleich neben mir fließt tief unten ein Fluss. Schöner kann man es als Biker an einem Morgen gar nicht haben. Die Landschaft erinnert mich an den Zion National Park in Utah, es ist einfach großartig hier.

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Während der Bordcomputer die Reichweite hinunter zählt und parallel mein TomTom die Enfernung zur Tankstelle verringert, bleibt eine Differenz von nur etwa 30 Kilometern. Wenn diese Tankstelle also gar nicht mehr existieren sollte, oder heute geschlossen hat, könnte es eng werden, sehr sehr eng sogar. Aber ich habe großes Glück, die Tankstelle ist offen und es gibt sogar ein Kassenhäuschen. Probleme wegen  einer deutschen Kreditkarte sind also nicht zu erwarten. Während ich tanke rollte eine nagelneue BMW R1200 RT an die Zapfsäule gegenüber. Es ist genau das Modell das ich vor etwas 2,5 Jahren noch als getarnten Erlkönig auf Teneriffa gefilmt habe. Der Fahrer ist ein Spanier und er liebt seine BMW. Er trägt sogar eine Jacke der deutschen Bundeswehr. Auf seine BMW hat er noch ein paar Deutschland-Fahnen geklebt. So gefällt mir dass, volle Identifikation mit der Marke, das würde die Herzen in der BMW Marketing-Abteilung schneller schlagen lassen.

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Mit vollem Tank geht es auf beängstigend leeren Landstraßen mit ziemlich überhöhtem Temp in Richtung Bilbao.

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Das Unwetter hat vielerorts Schlamm und Geröll auf die Straßen gespült. Besonders mit dem Motorrad ist das sehr gefährlich und man muss wirklich gut aufpassen, dass man vor lauter Begeisterung wegen der schönen Landschaft nicht in eine solche Straßensperre hinein rauscht und kurz danach im Krankenhaus wieder aufwacht.

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Etwa 70 Kilometer vor Bilbao meldet der Bordcomputer erneut FUEL! FUEL! FUEL! – Ich muss also die nächste Tankstelle suchen. Ich halte kurz an und wähle als neues Zwischenziel die nächste Tankstelle. Als ich dort eintreffe ist sie völlig verlassen und Benzin wird hier schon lange nicht mehr verkauft.

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Ich fahre also weiter und wähle die nächste Tankstelle aus die auf meiner Route liegt. Als ich dort eintreffe bin ich mitten in einem Volksfest. Überall sind Menschen in weißer Kleidung mit roten Gürteln. Auf einem Platz ist eine Bühne aufgebaut und auch dort stehen Weiß & Rot gekleidete Menschen und machen Musik. Doch eine Tankstelle ist hier weit und breit nicht zu sehen!

Aber auf dem Hinweg habe ich eine Tankstelle auf der anderen Straßenseite gesehen. Klingt einfach, ist es aber nicht, denn es ist direkt an einer Autobahnausfahrt. Um dort hinzugelangen muss man durch mehrere Kreisverkehre. Für mich aber kein Problem, das finde ich sogar ohne mein TomTom. Nachdem der Tank voll ist geht es ein zweites Mal durch diesen kleinen Dort. Am Ortsausgang finde ich nun doch eine Tankstelle, aber sie hat nur eine einzige Zapfsäule mit einem Schlitz für Kreditkarten. Mein Tank ist schon voll, also schenke ich dieser einsamen Zapfsäule keine weitere Aufmerksamkeit.

Nun habe ich als Option für die Routenführung „Kurvenreiche Strecke“ gewählt. Es sind nur noch etwa 60 Kilometer bis Bilbao. Ein wenig hadere ich mit meinem Schicksal, schließlich hatte ich mir vorgenommen einige der schönen Pässen in den Pyrenäen abzufahren. Während des Tages bin ich südlich der Pyrenäen unterwegs gewesen und konnte sie immer wieder sehen, meist unter einer dunklen schweren Wolkendecke. Die Pässen dort hätten heute sicher keinen Spaß gemacht.

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Außerdem wird mir langsam die Zeit knapp. Wenn ich eine Fähre bekommen will mit der ich rechtzeitig nach Teneriffa übersetzten kann, sollte ich am 17. oder 18. August in Cadiz oder Huelva eintreffen. Gebucht ist aktuell noch nichts, aber das werde ich noch erledigen. Da ich mir noch Portugal und die Algarve anschauen möchte, ist für aufwändig zu fahrende Pässe in den Pyrenäen eigentlich keine Zeit mehr. Allerdings ist die Landschaft rund um Bilbao auch wunderschön, Pässe, Berge und Kurven gibt es zuhauf, warum also nicht das fahren was mich meinem Ziel näher bringt, statt mich davon abzuhalten?

Als ich kurz vor Bilbao bin, navigiert mich mein TomTom statt über die breite Einfallstraße auf eine kleine kurvige Straße die einen Berg hinaufführt. Hier ist die Aussicht auf Bilbao immer wieder grandios und es dauert eine Weile bis ich verstehe, dass ich quasi auf dem „Haus-Berg“ von Bilbao bin, mehr oder weniger mitten in der Stadt, die sich wie ein Hufeisen um diesen Berg schmiegt.

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Irgendwann komme ich an einem Hotel vorbei das wirklich einladend aussieht. Aber es ist kein Zimmer mehr frei. Der Mitarbeiter an der Rezeption spricht sehr gut Englisch und er macht für mich einen kurzen Anruf und schon ist klar, es gibt in einem anderen Hotel ein Zimmer für mich. Wie ich dort hinkomme, gar kein Problem, er tippt mir sogar die Adresse in mein TomTom Rider ein. Mehr Service kann es nicht geben!

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Im Hotel angekommen werde ich schon erwartet und bekomme den Schlüssel für Zimmer 215 in die Hand gedrückt. Nachdem alles ausgeladen ist meldet sich mein Magen. Seit dem kleinen 4,- Euro Frühstück habe ich noch nichts weiter gegessen. Weil das Hotel bei dem ich zuerst war so einladend aussah und weil ich trotz allem noch soviel Lauf auf ein paar Minuten auf dem Motorrad habe, geht es wieder zurück. Es sind nur 2,4 Kilometer und als ich am Restaurant ankomme ist es kurz nach sieben Uhr. Gäste sind keine mehr da, aber zwei Kellner sitzen draußen im Biergarten. Ich frage auf Englisch ob sie denn noch offen haben und erhalte eine Antwort auf Spanisch. Irgendetwas mit 8h kann ich verstehen. Entweder hat die Küche noch bis 8h auf oder erst ab 8h, ganz klar ist es mir nicht. Aber ich bekomme ein großes kühles Bier und die Speisekarte. Dort steht alles auf Spanisch und auf Englisch. Witziger Weise verstehe ich den spanischen Teil inzwischen besser, vielleicht ist aber auch nur die englische Version falsch übersetzt.

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Ich entschließe mich das Solomillo zu bestellen. Als ich es ordern will sagt der Keller etwas auf Spanisch was ich leider gar nicht verstehe. Aber egal, es wird schon klappen. Während die Sonne am Himmel sehr fotogen untergeht, warte ich auf mein saftiges Steak. Aber es kommt nichts, einfach absolut gar nichts. Um 8:30 überlege ich ob sie mich vergessen haben und ob ich einfach das Geld für das Bier auf den Tisch legen und gehen soll. Aber dann kommt der Kellner und fragt mich ob ich draußen oder lieber drinnen essen möchte. Da es draußen schon sehr kühl ist, gehe ic gern hinein. Im Restaurant ist die Hölle los, kurz zuvor ist eine Hochzeitsgesellschaft eingetroffen. Ich darf im einem kleinen Saal nebenan Platz nehmen. Neben mir sitzt ein sehr nettes Paar aus Frankreich.

Einen Moment später bekomme ich ein zweites Bier, einen kleinen Gruß aus der Küche und ein warmes Brötchen. Ein anderer Kellner fragt mich was ich essen möchte, aber hatte ich nicht eigentlich schon bestellt? Egal, ich versuche ihm zu erklären, dass ich gern das Steak mit Pommes Frites hätte. Keine Vorspeise und kein Dessert, nur das Bier und späte noch einen Kaffee. Das klappt ganz prima. Als mein Steak kommt ist es ein riesiges saftiges Ding und es schmeckt ganz ausgezeichnet.

Ganz schaffe ich es nicht, aber der Kaffee, der geht noch rein. Ich unterhalte mich ein wenig mit dem netten Paar aus Frankreich. Sie wollen wissen woher ich komme und wohin ich will. Auf meinem Telefon habe ich Google Maps und kann ihnen zeigen wo ich schon überall gewesen bin. Sie sind beeindruckt und ich drücke ihnen noch schnell eine Visitenkarte in die Hand. Vielleicht können wir ja mal ein paar E-Mails austauschen.

Mit vollem Magen und einer unglaublich quirligen BMW, die sich ohne das viele Gebäcke fährt wie ein Kampfjet, geht es zurück zum Hotel. Als ich dort eintreffe ist mein Parkplatz leider besetzt, dort steht nun eine andere BMW. Gleich daneben steht noch ein BMW und ich habe die Nummer 3, es ist heute BMW-Tag in diesem Hotel 🙂 Als ich mein Moped gerade abgeschlossen habe, kommt der Portier um die Ecke und bittet mich mein Motorrad auf einen anderen Parkplatz zu stellen. Nachdem ich sie umgeparkt habe und ihm gezeigt habe, dass hier heute BMW-Tag ist, grinst er breit, flitzt schnell hinter die Rezeption und kommt mit einem BMW-Katalog wieder heraus. Er hat sich eine BMW R1200-GS bestellt. Es ist alles dabei was es an Zubehör gibt und das gute Stück wird ihn über 20.000 Euro kosten.

Im Zimmer angekommen leuchtet der Himmel in den schönsten Farben. Während ich im Restaurant war, hat meine Fuji X-T1 schon einen Akku leer geknipst und etwa 300 Fotos aufgenommen. Schnell stecke ich einen frischen Akku ein und weiter geht’s. Während die Fuji X-T1 mit dem mechanischen Verschluss klappert, lasse ich auch noch meine GoPro 3+ Black Edition eine Zeitraffersequenz aufnehmen.  Ich habe einen kleinen Grauverlaufsfilter dabei, der steckt nun auf dem Objektiv und wird dafür sorgen, dass Vordergrund und Himmel ausgewogen belichtet werden.

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Als ich gerade alles zusammenpacken will, geht links neben mir der Vollmond auf. Whoo, das sieht sowas von gut aus, es fehlen nur noch Fledermäuse die als kleine Schatten am Mond vorbeizusehen. Schnell geht es wieder rein in mein Zimmer, ich schnappe mir erneut meine Fuji X-T1 und montiere in Windeseile das XF 55-200mm Objektiv daran. Sekunden später ist eine weitere Zeitraffer-Sequenz „in Arbeit“. Während der Vollmond atemberaubend schnell am Himmel hinaufklettern schreibe ich diese Zeilen und genieße die Aussicht auf das wunderschön beleuchtete Bilbao. Ich habe für zwei Tage im Hotel eingecheckt. Morgen werde ich mir die Stadt und ganz besonders das Guggenheim-Museum näher anschauen. Zum Sonnenuntergang werde ich dort sein, hoffentlich mit leeren Speicherkarten und vollen Akkus.

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Das Buch zur Reise

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